FHS St. GallenFromme Studis kränken schwule Mitschüler
An der FHS würden schwule Studierende durch strenggläubige Kommilitonen gemobbt, klagen Studenten. Auch Themen wie Scheidung und sexuelle Aufklärung sorgen für Ärger.

An der FHS sorgen offenbar strenggläubige Freikirchler für Verwirrung. (Bild: fhsg)
Strenggläubige Freikirchler sorgen offenbar für Zoff an der Fachhochschule St. Gallen (FHS). Laut dem Portal saiten.ch ist es in der Vergangenheit regelmässig zu homophoben Äusserungen von Freikirchlern gekommen.
So etwa, als neulich ein Dozent in einer Vorlesung des Studienfachs Soziale Arbeit über die geplante Erweiterung der Antirassismus-Strafnorm sprach, die der Nationalrat im März beschlossen hat: Wer Homosexuelle öffentlich verunglimpft, soll demnach strafrechtlich belangt werden. Während der Präsentation habe ein junger Mann gesagt: «So etwas geht gar nicht. Homosexualität ist krank.» Auf die Frage, wieso er das behaupte, habe dieser lediglich geantwortet: «Homosexualität ist nicht von Gott gewollt.»
15 bis 20 Prozent streng gläubig
Marco* studiert im vierten Semester Soziale Arbeit und ist homosexuell. Er schildert gegenüber saiten.ch, wie Freikirchler, mit denen er an einer Gruppenarbeit war, über ihn gelästert hätten, kaum habe er den Raum verlassen. Er und eine Kommilitonin hätten mehrere Vorfälle gemeldet.
Die beiden Studenten sind der Meinung, dass das Thema strenggläubige Studierende in der Sozialen Arbeit an der FHS endlich angesprochen und aufgearbeitet werden solle. «Als ich zu studieren begann, war ich schon sehr erstaunt, wie viele in unserem Jahrgang Mitglieder in verschiedenen Freikirchen sind», sagt Marco. Seine Kommilitonin schätzt, dass 15 bis 20 Prozent der rund 100 Schüler aus ihrem Jahrgang strenggläubig sind.
Doch nicht nur Homosexualität sorgt für Knatsch an der FHS. Auch Themen wie Scheidungsrecht oder Sexualaufklärung würden von den Freikirchlern abgeblockt: «Das braucht es nicht.» Scheidungen seien von Gott nicht vorgesehen. Oder: «Die Aufklärung sexualisiert die Kinder nur unnötig.»
«Behinderung von Gott gewollt»
Bereits als das Fach Soziale Arbeit in Rorschach angesiedelt war, hätten fundamentalitische Freikirchler für Trubel gesorgt: «In meinem Studiengang kam es zu mehreren Konflikten mit strenggläubigen Studierenden», sagt Thiemo Legatis, der seinen Bachelor 2013 abgeschlossen hat, gegenüber dem Portal. Auch damals seien ihm Studierende mit offen geäusserter Homophobie aufgefallen. «Ich kann mich zudem an eine Gruppenarbeit erinnern, in der ein Student über Behinderte sagte, die müsse man nicht fördern», so Legatis. «Ihre Behinderung sei schliesslich von Gott gewollt – daran dürfe man nichts ändern wollen.»
Dass die Schule das Problem bisher ignoriert habe, findet Legatis bedenklich: «Schliesslich werden an diesem Ort staatlich legitimierte Sozialarbeiter ausgebildet», so Legatis. «Wenn einige davon einen Glauben haben, der gewisse Leute diskriminiert und Gott als Lösung für alle Probleme sieht, ist das bedenklich.»
Rektor will Problem angehen
Gegenüber 20 Minuten zeigte sich FHS-Rektor Sebastian Wörwag am Montag «sehr beunruhigt» von den Aussagen im Saiten.ch-Artikel. «Wir nehmen das Thema sehr ernst», so Wörwag. Jegliche diskriminierende Haltung widerspreche dem Kodex der Hochschule. «Deshalb haben wir ein Grundlagenpapier erarbeitet», so der Rektor. «Nach den Frühlingsferien werden wir es in einem konstruktiven Dialog mit den Studierenden einführen.»
*Namen geändert