Streit eskaliertZwei Jahre Haft für Messer-Attacke
Ein Streit zwischen einer 18-jährigen Frau und ihrer 38-jährigen Kontrahentin endete blutig. Das Bezirksgericht Arbon verurteilte die Täterin zu zwei Jahren Gefängnis.
Weil sie vor vier Jahren einer Frau bei einem Streit in Kesswil TG ein Messer in den Rücken gerammt hatte, wird eine junge Türkin mit einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren bestraft. Das Bezirksgericht Arbon sprach sie am Donnerstag der versuchten eventualvorsätzlichen Tötung schuldig.
Die Mutter der Angeklagten und das spätere Opfer waren seit zehn Jahren befreundet. Einen Monat vor der Tat begann ein Streit zwischen den zwei türkischen Familien. Die Mütter beschimpften ihre Töchter gegenseitig als Huren. Nach einer missglückten Aussprache der beiden Frauen erlitt die behinderte Mutter der Angeklagten einen Schwächeanfall.
Die damals 18-jährige Angeklagte, die in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist, wollte darauf die Freundin der Mutter zur Rede stellen. Sie liess sich am Nachmittag des 2. November 2008 von einem Kollegen nach Kesswil zur Wohnung der 37-jährigen Frau fahren. Weil sie Angst gehabt habe vor der älteren und viel grösseren Frau, habe sie von zu Hause ein Fleischmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge mitgenommen, sagte die junge Frau am Donnerstag vor Gericht.
«Nur drohen, nicht töten»
«Ich wollte ihr damit nur drohen», sagte die Angeklagte unter Tränen. Die Freundin der Mutter habe sie in die Wohnung gelassen, ihr aber nicht zuhören und sie aus der Wohnung weisen wollen. Sie sei rasend geworden vor Wut. Als die Ältere ihr den Rücken zuwandte, habe sie das Messer aus der Hose genommen und der Frau in den Rücken gestossen.
«Ich wollte der Frau nur weh tun, ich wollte sie nicht töten», sagte die Angeklagte. Als sie das Blut gesehen habe, sei ihr schwarz geworden. Sie könne heute noch kaum glauben, dass sie wirklich zugestochen habe, sagte die Angeklagte. Ihr Kollege, der draussen gewartet hatte, habe sie geohrfeigt und nach Hause gefahren. Kurz darauf stellte sich die junge Frau der Polizei.
Tod in Kauf genommen
Laut dem Gerichtsurteil nahm die Angeklagte den Tod der Älteren in Kauf, als sie ihr das Messer in den Oberkörper stiess. Nur durch unglaubliches Glück sei die Klinge des riesigen Messers im Muskelgewebe des Opfers stecken geblieben und habe keine lebensgefährlichen Verletzungen oder bleibenden Schäden verursacht, sagte der vorsitzende Richter bei der Urteilseröffnung.
Die bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren sei sehr mild. Das Gericht habe die besondere Situation der Angeklagten berücksichtigt. Sie sei zum Tatzeitpunkt erst 18 Jahre alt gewesen und habe in der Ausnahmesituation völlig falsch reagiert. «Die Ältere wollte ihr nicht zuhören und als sie sich umdrehte, stiess ihr die Angeklagte das Messer in den Rücken», sagte der Richter.
Da sich die junge Frau vor und nach der Tat tadellos verhalten habe, verdiene sie eine zweite Chance. Damit die Strafe bedingt ausgesprochen werden könne, sei das Gericht unter dem üblichen Strafrahmen geblieben, sagte der Richter. Die heute 22-Jährige habe ihre Lehre als Detailhandelsangestellte abgeschlossen und bewähre sich nun im Berufsleben. Positiv wertete das Gericht ausserdem, dass die Angeklagte sich mit dem Opfer auf die Zahlung von Genugtuung und Schadenersatz geeinigt hat.
Grösster Fehler des Lebens
Der Staatsanwalt hatte wegen versuchter vorsätzlicher Tötung eine dreijährige Freiheitsstrafe gefordert. Davon sollten eineinhalb Jahre vollzogen werden. Eventuell sei die Angeklagte wegen versuchter schwerer Körperverletzung mit einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten zu bestrafen.
Nach Ansicht des Verteidigers gibt es keine Beweise dafür, dass die sehr junge Täterin ihre Widersacherin töten wollte. Er hatte wegen Körperverletzung eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen à 60 Franken verlangt. Die junge Frau habe den grössten Fehler ihres Lebens gemacht. Sie bereue die Tat zutiefst. (sda)