AppenzellerlandMitarbeiter ist zu dick für Gemeinde
Ein Artikel aus der «Aargauer Zeitung» sorgt im Appenzell für Aufregung. Eine Gemeinde habe ihrem Mitarbeiter ein Ultimatum gestellt: Entweder er nimmt ab oder er wird freigestellt.

Dem Mitarbeiter der Gemeinde soll seine Leibesfülle vorgeworfen worden sein (Symbolbild Keystone/ Kirsty Wigglesworth).
Kirsty WigglesworthDie Vorwürfe, die ein Kolumnist am Mittwoch in der «Aargauer Zeitung» (AZ) gegen eine Gemeinde im Appenzellerland erhoben hat, wiegen schwer: Die Gemeinde habe einem übergewichtigen Angestellten gedroht, ihn zu entlassen, wenn er nicht bald an Gewicht verliert. Als Grund habe die Gemeinde angeführt, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Korpulenz zu wenig effizient arbeite.
Der betroffene Mann leidet laut AZ schon fast sein ganzes Leben lang an Übergewicht. «Reiche Gemeinde, wenn sie keine anderen Probleme hat», schreibt der Autor. «Arme Gemeinde, wenn sie glaubt, in unserer Wohlstandsgesellschaft gebe es keinen Platz für einen dicken Gemeindearbeiter.» Um welche Gemeinde es sich handelt, wollte der Autor nicht bekanntgeben.
Sicherheit ist massgebend
Mit ihrem Vorgehen würde sich die Gemeinde jedenfalls auf dünnes Eis begeben. In einem solchen Fall sei ausschlaggebend, wie das kommunale Recht Entlassungen in der betreffenden Gemeinde regelt, sagte Thomas Geiser, Professor für Arbeitsrecht an der Universität St. Gallen gegenüber der «Appenzeller Zeitung». Es brauche im öffentlichen im Gegensatz zum privatwirtschaftlichen Recht einen sachlichen Grund für eine Entlassung, so Geiser. Übergewicht gelte nur als Entlassungsgrund, wenn das Gewicht für die Arbeitstätigkeit entscheidend ist.
Für Heinrich von Grünigen, Leiter der Geschäftsstelle Schweizerische Adipositas-Stiftung SAPS, kommt eine Entlassung wegen Übergewichts nur dann infrage, wenn das Gewicht des Mitarbeiters wesentlich für die Sicherheit am Arbeitsplatz ist. Er nennt als Beispiel einen Busfahrer, der sich wegen seines Übergewichts in der Fahrerkabine nicht ausreichend bewegen kann.
«Das wäre eine Frechheit»
Den vorliegenden Fall findet von Grünigen schwierig zu beurteilen: Er müsste die vorliegende Situation besser kennen. «Sollte es aber ohne angemessene medizinische und persönliche Betreuung seitens des Arbeitgebers zur Entlassung kommen, dann wäre dies eine absolute Frechheit», so von Grünigen. «Übergewichtige Menschen werden in der Arbeitswelt oft diskriminiert, aber von so einem rigorosen Vorgehen habe ich noch nie gehört.»
Der Autor der Kolumne bestätigt gegenüber 20 Minuten, dass sich der Fall so ereignet hat. Den Namen der Gemeinde oder des Gemeindearbeiters wolle er aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes aber nicht preisgeben.