St. GallenUrin der Olma-Gänger wird zu Blumendünger
Die St. Galler Genossenschaft Unterer Brühl hat an der letzten Olma stolze 2000 Liter Urin gesammelt. Daraus ist nun ein Flüssigdünger für Pflanzen entstanden.
«Die ganzen Negativ-Schlagzeilen über Wildpinkler an der Olma 2014 brachten mich auf die Idee», sagt Dölf Sutter, Präsident der Genossenschaft Unterer Brühl, die an der Olma ein Festzelt betreibt. Wie einige Marktfahrer damals sagten, sei es in St. Gallen so schlimm wie nirgends sonst in der Schweiz: Betrunkene pinkeln an Stände, pöbeln Marktfahrer an, bestehlen oder verprügeln sie gar. Nach der Olma trafen sich Vertreter der Polizei, Marktfahrer, Gastronomen und Anwohner an einem runden Tisch zur Aussprache. Alle Beteiligten waren sich einig, dass es für den Jahrmarkt Massnahmen und Verbesserungen braucht. Auch Sutter war dabei und für ihn war klar: «Aus dem Urin muss sich doch auch etwas Positives machen lassen.»
Fast niemanden eingeweiht
Durch einen Prospekt über Pissoir-Container, in denen man Urin sammelt, und einen Bericht zur Urin-Wiederverwertung konkretisierte sich Sutters Idee, den Olma-Urin vom WC neben dem Zelt der Genossenschaft zu sammeln. «Ich habe alles Nötige für die Olma 2015 in die Wege geleitet, eingeweiht habe ich fast niemanden», so Sutter. Er wollte erst sehen, ob seine Idee denn überhaupt funktioniert. «Ich wusste auch nicht, ob die Urin-Qualität der Olma-Gänger überhaupt etwas taugt», sagt Sutter. Wie er gegenüber fm1today sagt, sei er auch selbst regelmässig auf das Sammel-Pissoir gegangen, um eine gute Tat für sein Projekt zu tun.
So kamen schliesslich 2000 Liter Urin zusammen. Dieser wurde dann ins Forschungsinstitut Eawag nach Dübendorf gebracht und dort zu 60 Liter Flüssigdünger verarbeitet. «Ein Liter kann so verdünnt werden, dass er für 100 Liter Wasser reicht», sagt Sutter. Laut der Bewilligung vom Amt für Landwirtschaft darf der Dünger bisher nur für Pflanzen eingesetzt werden, nicht jedoch für Gemüse, das zum Verzehr gedacht ist.
«Wir arbeiten schon seit Jahren mit Urin. Bisher allerdings nur mit dem unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», sagt Andri Bryner, Mediensprecher der Eawag. Zukünftig sei aber durchaus geplant, auch an Openairs, in Stadien oder an Messen Urin zu Wiederverwertung zu sammeln. Um aus Urin Dünger herzustellen, braucht es laut Bryner drei Dinge. Der Urin müsse stabilisiert werden, das heisst er darf nicht mehr stinken und muss so behandelt werden, dass er seine Nährstoffe nicht verliert. Zum Zweiten müsse man ihn eindicken und schliesslich müsse sichergestellt sein, dass der Dünger keine Schadstoffe enthalte.
Projekt mit Zukunft?
Offiziell vorgestellt wird Sutters Projekt am Freitag um 11.30 Uhr beim Unteren Brühl. Dort werden nicht nur Gratis-Müsterli verteilt, den halben Liter gibt es auch für 10 Franken zu kaufen. Eawag-Sprecher Bryner betont, dass es sich beim Olma-Dünger nicht um einen April-Scherz handelt.
Auch in diesem Jahr will Dölf Sutter den Urin der Olma-Gänger sammeln. Wie er gegenüber fm1today sagt, sind auch schon Gespräche mit der Olma im Gange. So gibt es in Zukunft vielleicht sogar mehrere Sammel-WCs auf dem Jahrmarkt oder Olmagelände.