Opfer war bereits einmal ausgeschafft worden

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Tötungsdelikt in St. GallenOpfer war bereits einmal ausgeschafft worden

In der St. Galler Innenstadt ist am Donnerstag ein Mann auf offener Strasse erschossen worden. Der Täter ist auf der Flucht. Die Polizei wertet derzeit Bilder von Videokameras aus.

20min/sda
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Dieses Bild hat die Kantonspolizei St. Gallen veröffentlicht. Es zeigt den 42-jährigen Haki Spahiu, das Opfer der Bluttat in St. Gallen.
Der Kosovare ist am Donnerstagmorgen um 5 Uhr in der St.Galler Webergasse auf offener Strasse erschossen worden.
Die Polizei sperrte die Gasse ab. Eine Grossfahndung läuft.
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Dieses Bild hat die Kantonspolizei St. Gallen veröffentlicht. Es zeigt den 42-jährigen Haki Spahiu, das Opfer der Bluttat in St. Gallen.

Kapo SG

Die Kantonspolizei St. Gallen hat die Identität des 42-jährigen Opfers publik gemacht. Der Mann heisst Haki S. und wohnte in einem Zimmer, das sich unmittelbar beim Tatort an der Webergasse befindet.

Laut der Polizei dürfte S. seit einiger Zeit darin gelebt haben. Die Strafverfolgungsbehörden gehen davon aus, dass der Täter das Opfer beim Verlassen seiner Unterkunft abpasste und es dann erschoss. Der Kosovare wurde laut Polizei von mindestens einer Kugel tödlich getroffen. Trotz sofortiger medizinischer Erstversorgung durch den Notarzt starb S. am Tatort.

Kameras sollen helfen

Der Täter befindet sich noch auf der Flucht: «Wir haben ihn noch nicht», sagte Hanspeter Krüsi, Sprecher der St. Galler Kantonspolizei. Der Täter, der S. in der Webergasse vermutlich abpasste und ihn auf offener Strasse erschoss, ist laut Krüsi nicht bekannt.

Hinweise auf den Täter erhofft sich die Polizei nun von Bildern zahlreicher Videokameras in der Innenstadt. «Eine riesige Datenmenge wird derzeit ausgewertet», sagte Krüsi. Neben Kameras in unmittelbarer Nähe des Tatorts werden auch solche aus dem weiteren Umkreis ausgewertet.

Zeugin beschrieb Täter

Eine Zeugin hatte beobachtet, wie der mutmassliche Täter vom Tatort in Richtung Gallusplatz davonrannte. Laut der Polizei könnte dort in ein Auto gestiegen sein. Die Zeugin beschreibt den Flüchtigen als korpulent. Gemäss ihr ist der Mann zwischen 40 und 50 Jahre alt, trug hellblaue Jeans, eine dunkle Jacke, eine Schirmmütze und einen Dreitagebart. Er hatte einen geöffneten blauen Schirm bei sich.

Laut Krüsi dürften der Täter und das Opfer in irgendeiner Beziehung zueinander gestanden haben.

Spahiu war Bauarbeiter

Die Polizei geht davon aus, dass S. als Bauarbeiter tätig war. Möglicherweise war er auf dem Weg zur Arbeit. Denn er trug graue Arbeitshosen mit orangen Leuchtstreifen, einen roten Pullover und Arbeitsschuhe. Ob er illegal arbeitete, sei nicht bekannt.

Die Kantonspolizei St. Gallen teilt weiter mit, dass gegen S. seit August 2013 eine Einreisesperre in die Schweiz bestand. Er reiste 2000 als Asylbewerber ein und tauchte einige Tage später unter. 2013 wurde er, nachdem er als Schwarzarbeiter in Gossau arbeitete, in den Kosovo ausgeschafft. Deswegen wurde er mit einer dreijährigen Einreisesperre belegt.

«Er arbeitete schwarz als Gerüstbauer»

Der Kosovare V. K.* aus St. Gallen kennt S. und bestätigt: «Haki arbeitete schwarz als Gerüstbauer und galt überall als sehr zuverlässig.» S. habe mit kurzen Unterbrüchen seit über 15 Jahren in der Schweiz gearbeitet. «Wer so lange schwarz arbeitet, muss ein friedlicher und angepasster Mensch sein», sagt V. K zu 20 Minuten. «Sonst fliegt er bald einmal auf.»

Er könne es nicht glauben, so V. K.: «Ich kannte Haki seit vielen Jahren und kenne niemanden, der etwas gegen ihn hatte. Er ist der friedlichste Mensch, den man sich vorstellen kann. Er konnte keiner Fliege etwas zuleide tun.»

Streit um Schulden als Motiv?

Laut Hanspeter Krüsi, Sprecher der Kapo St. Gallen, hat die Polizei seit Donnerstag Kontakt zu Angehörigen des Opfers. Ein Cousin des Toten betreibt in St. Gallen eine Gerüstbaufirma. Über die Hintergründe der Tat herrschte am Donnerstag aber noch Unklarheit. Klar ist laut Krüsi zumindest, dass Spahiu nicht ausgeraubt worden ist.

Gemäss dem schweizerisch-kosovarischen Online-Portal albinfo.ch stammt S. aus dem Dorf Sedllar in der Nähe der kosovarischen Stadt Kamenica. Als Motiv wird ein früherer familiärer Streit angegeben. Dabei sei es um Geldprobleme von Aussenstehenden gegangen, wobei nicht S. selber betroffen gewesen sein soll.

Folgende Fragen sind wichtig

Die Polizei bittet die Bevölkerung um Hinweise. Allfällige Zeugen werden gebeten, sich bei der kantonalen Notrufzentrale zu melden. Die Polizei sucht Zeugen und Antworten auf die folgenden Fragen:

• Wer hat in den vergangenen Tagen an der Webergasse oder in dessen Umgebung Feststellungen gemacht, die im Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt stehen könnten? Insbesondere interessieren die frühen Morgenstunden der vorherigen Tagen.

• Wer hat am Donnerstagmorgen, 12.05.2016, zwischen 4 und 5 Uhr einen Mann mittleren Alters mit blauem Schirm und hellblauen Jeans im Bereich des Tatortes oder der Innenstadt gesehen?

• Wem sind Konflikte oder Spannungen bekannt, in die das Opfer, Haki S., involviert war?

• Wer weiss, wo Haki S. arbeitete?

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