Passagier schildert das Grauen im Zug von Salez

Aktualisiert

Brand-AttackePassagier schildert das Grauen im Zug von Salez

Dino K. sass in dem Waggon, in dem ein Mann sechs Passagiere mit entzündbarer Flüssigkeit und einem Messer verletzte. Er erzählt, wie er ihnen verzweifelt zu helfen versuchte.

Q. Llugiqi/M. Lüssi
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Q. Llugiqi/M. Lüssi

Video: 20 Minuten/Qendresa Llugiqi

Dino K.* (21) ist einer der Passagiere, die im Abteil des Zugs sassen, in dem ein 27-jähriger Schweizer am Samstagnachmittag andere Fahrgäste angriff und schwer verletzte. Eines der Opfer, eine 34-jährige Frau, sowie der Täter starben am Sonntag an ihren schweren Verletzungen. In einem Video-Interview hat K. 20 Minuten erzählt, was er erlebt hat. Einige seiner Beschreibungen sind so verstörend, dass 20 Minuten sie aus den Aufnahmen herausgeschnitten hat.

K. hatte seine Freundin besucht und war mit der Südostbahn auf dem Rückweg nach Hause. «Irgendwann spürte ich, dass es im Zug eine Art Luftzug gab», sagt er zu 20 Minuten. «Ich dachte mir aber nichts dabei.» Dann habe er im Abteil plötzlich Geschrei gehört, und Menschen seien in seine Richtung gestürmt.

Feuerlöscher gesucht

«Als ich nachsah, was los ist, war da überall Rauch – und ich sah eine junge Frau, die brannte. Sie brannte von Kopf bis Fuss, wie eine Fackel. Plötzlich waren ihre Kleider aufgelöst.» Er habe seine Wasserflasche aus dem Rucksack genommen und einer Frau gegeben, die sich um das Brandopfer gekümmert habe. Einige Passagiere hätten alles getan, um zu helfen, andere seien wie erstarrt gewesen.

K. berichtet, er habe den SOS-Knopf im Zug gesucht, um Hilfe zu rufen. Auf dem Weg dorthin sei er an einem weiteren Opfer vorbeigekommen: «Am Boden lag eine Frau mit einer Stichverletzung am Bauch, überall war Blut.» Bei ihr dürfte es sich um die Frau handeln, die am Sonntagmorgen ihren Verletzungen erlegen ist. Und er habe ein Mädchen mit Brandverletzungen im Gesicht gesehen, berichtete K. Er habe die anderen Passagiere aufgefordert, einen Feuerlöscher zu suchen, doch es sei lange gegangen, bis sie ihn gefunden hätten.

Er habe Todesangst gehabt. «Greift das Feuer nun auch auf mich über, werden wir alle brennen oder ersticken, kommt es zu einer Explosion? Solche Fragen gingen mir durch den Kopf.»

Die Minuten vergingen wie Sekunden

Dann hielt der Zug am Bahnhof Salez. «Wir alle stiegen aus, andere Passagiere brachten die Verletzten aus dem Zug», so K. Als der Zug gehalten habe, seien noch keine Rettungskräfte vor Ort gewesen. «Kurz darauf hörte man aber Sirenen, Feuerwehr und Sanität trafen ein ein.» Vom Täter hat K. nichts mitbekommen: «Ich glaube, ich habe ihn nicht gesehen, jedenfalls realisierte ich nicht, wer er war.»

Vom Moment, in dem er merkte, dass etwas nicht stimmte, bis zum Anhalten des Zugs seien vielleicht fünf Minuten vergangen, sagt K. «Doch mir kam es wie Sekunden vor.» K. wurde in ein Spital gebracht, wo geprüft wurde, ob er sich eine Rauchgasvergiftung zugezogen hat. «Zudem hat man mir ein Medikament gegeben, mit dem ich besser schlafen konnte.»

Grausame Bilder bleiben

Das Erlebte macht ihm zu schaffen. «Ständig habe ich diese grausamen Bilder vor mir, die brennende Frau und das verletzte Kind – und ich frage mich unablässig, ob ich genug getan habe, um zu helfen.» Es sei ein Gefühl der Nutzlosigkeit: «Man will helfen, aber man hat das Gefühl, man könne gar nichts tun oder tue nicht genug.»

Wissen Sie etwas über den Täter, der für die Attacke im Zug verantwortlich ist? Melden Sie sich.

*Name der Redaktion bekannt.

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