Zuhälter kauft Tschechin für 256 Franken

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MenschenhandelZuhälter kauft Tschechin für 256 Franken

Weil er einem Roma-Mann die Cousine abgekauft haben soll, muss sich am Mittwoch ein 33-Jähriger vor Gericht verantworten. Die Frau sollte gegen ihren Willen anschaffen gehen.

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Der Angeklagte lässt mehrere Frauen für sich anschaffen. (Symbolbild: Keystone/Alessandro Della Bella)

Der Angeklagte lässt mehrere Frauen für sich anschaffen. (Symbolbild: Keystone/Alessandro Della Bella)

Pavel K.*, ein 33-jähriger Tscheche, hat laut Anklageschrift der St. Galler Staatsanwaltschaft seit 2010 regelmässig Prostituierte aus Tschechien und der Slowakei in die Schweiz geholt. Nach einer gewissen Zeit in der Schweiz habe er sie jeweils wieder zurückgebracht und gegen neue Frauen eingetauscht. Laut Anklageschrift verfolgte der Angeklagte das Ziel, in der Schweiz ein eigenes Sex-Etablissement aufzubauen. Die Zimmer wollte er für rund 120 Franken pro Nacht an Prostituierte vermieten.

Suche nach neuen Frauen

Im Mai 2011 kommt es zur Begegnung mit Anna B.* Im tschechischen Pilsen gibt es entlang der Hauptstrasse einen offenen Strassenstrich, wo vorwiegend Roma-Frauen aus der Slowakei arbeiten. Auch der Cousin von Anna B., ein Roma-Mann, lässt dort laut Anklage mehrere Frauen für sich anschaffen. Pavel K. fragte bei diesem an, ob er Frauen kenne, die in der Schweiz als Prostituierte arbeiten wollen. Um sich einige anzusehen und auszuwählen, trafen sich die beiden am 15. Mai 2011 in der Slowakei. Mit dabei war ein Kompagnon (23) von Pavel K., der sich ebenfalls vor Gericht verantworten muss.

Beim Treffen wurde Pavel K. ein Bild von Anna B. gezeigt. Einen Tag später wollte K. sie mit in die Schweiz nehmen. Nur widerwillig und mit Verwandten streitend stieg sie in sein Auto. Pavel K. liess sie zunächst gehen, gab ihrem Cousin aber doch 256 Franken.

Bereits am nächsten Tag liess der Cousin verlauten, dass Anna B. jetzt doch mitkommen werde, und zwar freiwillig. Anna B. wollte laut Anklageschrift zwar nicht, aus Angst stieg sie aber dennoch ein. «Sie trug lediglich ein Pyjama und darüber eine grüne Jacke», heisst es in der Anklageschrift. «Sie hatte kein Geld, keine Kleider und keine Tasche bei sich.» Ihre Identitätskarte trug der Kompagnon auf sich, der als Aufpasser mitfuhr.

Beim Zoll aufgeflogen

Dass sie in der Schweiz als Prostituierte arbeiten sollte, erfuhr Anna B. unterwegs. Laut Anklageschrift wollte Pavel K. sie nach zwei Wochen wieder zurück in die Heimat bringen. Er unterbreitete ihr zudem folgendes Angebot: Wenn er die Werbung übernehme, seien beide zu 50 Prozent beteiligt, wenn sie die Werbung selbst übernehme, kassiere er bloss 40 Prozent vom Prostitutionserlös.

Während der Fahrt weinte Anna B. laut Anklageschrift immer wieder. Sie wolle nach Hause und sie müsse zu ihrem Kind, das sie erst zwei Wochen zuvor geboren hatte. Schliesslich kamen sie an den Grenzübergang Au SG. Dort begann Anna B. zu schreien, worauf alles aufflog. Bei der Befragung schrieb die Frau auf einen Zettel, dass sie an eine Bar verkauft werde.

Freiheitsstrafen gefordert

Die beiden Angeklagten, Pavel K. und sein Kompagnon, müssen sich am Mittwoch vor dem Kreisgericht Rheintal verantworten. Die Staatsanwaltschaft beantragt für K. die Verurteilung wegen Menschenhandels und Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten, unter Anrechnung der 17 Tage Untersuchungshaft. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Franken.

Seinem Kompagnon droht wegen Gehilfenschaft zum Menschenhandel und zur Freiheitsberaubung eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten. Dazu kommt eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 30 Franken. Ob die Angeklagten allerdings vor Gericht befragt werden können, ist fraglich, da sich beide momentan im Ausland aufhalten.

* Namen geändert

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