«Organisierte Mafia aus Wärtern und Mitinsassen»

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Ex-Häftling«Organisierte Mafia aus Wärtern und Mitinsassen»

Ein Aufseher soll im Gefängnis Plaine de l'Orbe Drogen und Handys geschmuggelt haben. Kein Einzelfall, wie ein ehemaliger Häftling erzählt.

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Die Waadtländer Strafanstalt Plaine de l'Orbe steht derzeit in der Kritik. Ein Aufseher soll Drogen und Handys in die Anstalt geschmuggelt haben. Nun wurden mehrere Telefone beschlagnahmt. Ein Wärter wurde verhaftet, teilte die Kantonspolizei am Freitag mit.

Jetzt erzählt ein ehemaliger Insasse 20 Minutes, wie die illegalen Geschäfte innerhalb der Gefängnismauern abliefen. «Kurz vor Weihnachten habe ich einem anderen Häftling, der als Mittelsmann für einen Gefängnisaufseher bekannt war, 1200 Franken gegeben. Am selben Tag hat er mir ein Samsung Galaxy S5 geliefert», erzählt der Mann. Sein Handy sei innert kürzester Zeit aber wieder beschlagnahmt worden.

«Im Gefängnis wusste es jeder»

Ein anderer Insasse, der die Anstalt mittlerweile ebenfalls verlassen konnte, spricht von einem ausgeklügelten und verworrenen System. «Eine gut organisierte Mafia regiert im Gefängnis.» Erst würden die Wärter die Augen verschliessen, während die Insassen für ihre Handys einen überteuerten Preis bezahlten. Dann würden Durchsuchungen organisiert, bei denen alles eingezogen werde. Doch die Häftlinge zahlten weiter. «Es ist ein Zyklus, in dem wir, die die Kommunikation mit der Aussenwelt so dringend benötigen, die Ausgebeuteten sind», beklagt sich der Mann.

Beide Ex-Insassen sind überzeugt, dass diese Machenschaften nicht ohne das Mitwissen von mindestens einem Gefängnisangestellten ablaufen können. «Der Gefangene, der die Handys verkaufte, ist ein Sri Lanker, dessen Zelle seltsamerweise nicht durchsucht wurde. Im ganzen Gefängnis wusste jeder, dass er mit einem Aufseher gemeinsame Sache machte», so einer der Ex-Insassen.

Dealende Wärter auch in Genf?

Doch damit könnte es jetzt vorbei sein: Die Kantonspolizei nahm am Donnerstag in der Anstalt nicht nur einen Wärter fest, auch ein Gefangener geriet ins Visier der Beamten. Der Aufseher wurde in Untersuchungshaft gesteckt, eine Strafuntersuchung wurde eröffnet.

Es ist nicht der erste Fall: Auch im Genfer Gefängnis Champ-Dollon wurde bereits ein Aufseher festgenommen, weil er im Verdacht stand, Drogen und Handys für die Insassen in die Anstalt zu schmuggeln.

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