Schwule sollen Asylbewerber aufnehmen

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Mobbing in AsylzentrenSchwule sollen Asylbewerber aufnehmen

In Genf fordert eine Organisation Homosexuelle dazu auf, schwule Asylbewerber bei sich aufzunehmen. Diese würden in den Asylzentren massiv gemobbt.

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Homosexuelle werden in den Asylzentren teilweise massiv gemobbt.

Homosexuelle werden in den Asylzentren teilweise massiv gemobbt.

Viele Homosexuelle beantragen Asyl in der Schweiz, um ihre Sexualität ausleben zu können, ohne verfolgt zu werden. Was ihnen aber in den Asylzentren droht, ist den wenigsten bewusst: Die Genfer Schwulenorganisation Dialogai berichtet von Beschwerden über abfällige Bemerkungen, Diskriminierung, Belästigungen und sogar tätlichen Angriffen. Das Warten auf Entscheidungen zu Asylanträgen werde für Schwule zur «Hölle».

Um den Asylbewerbern eine sichere Unterkunft zu bieten, fordert Dialogai nun die Homosexuellen-Community dazu auf, Flüchtlinge in ihren Privatwohnungen aufzunehmen. «Wenn Sie ein Zimmer zu vermieten haben und bereit wären, einen homosexuellen Asylsuchenden bei sich aufzunehmen, melden Sie sich bei uns», schreibt die Organisation in ihrem Newsletter, wie «Le Matin» berichtet.

Asylbewerber haben Angst vor Outing

Denise Graf von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International sagt: «Wir hatten in der Vergangenheit Fälle von Personen, die aufgrund von Mobbing zurückgekehrt sind. Das ist umso schmerzhafter, da diese Personen aus Ländern kommen, in denen sie ihre sexuelle Orientierung nicht ausleben können.» Deswegen begrüsse sie den Aufruf von Dialogai.

Amnesty International wolle aber wegen der Übergriffe nicht das Personal der Asylzentren beschuldigen. «Um auf solche Probleme zu reagieren, muss man sie zuerst einmal kennen. Homosexuelle Asylbewerber trauen sich aber nur selten, über ihre sexuelle Orientierung zu sprechen.»

Sozialorganisation warnt vor vorschnellen Schlüssen

Bernard Manguin, Sprecher der Genfer Sozialinstitution Hospice générale, die sich unter anderem auch um Asylbewerber kümmert, warnt vor vorschnellen Schlüssen: «Es gibt keine Vereinbarung, die die Unterbringung von homosexuellen Flüchtlingen bei Privatpersonen vorsieht.» In seinen Augen sei der Aufruf deswegen nicht gerechtfertigt. Hospice générale sei aber bereit zum Gespräch mit Dialogai.

Viele Rückmeldungen bezüglich Mobbing gegen schwule Asylbewerber erhalte er nicht: «In den letzten zwei Jahren wurden mir nur zwei Fälle von den Sozialarbeiterinnen in den Asylzentren gemeldet.»

Unterbringung bei Privaten legal

Beim Bundesamt für Migration (BFM) ist die Mobbing-Problematik bekannt. Da Flüchtlinge aber nur 90 Tage in Bundesobhut bleiben und danach an die Kantone weitergegeben werden, komme es in den Asylzentren des BFM aber selten zu Übergriffen. Sprecher Martin Reichlin sagt: «In den Bundeszentren verzeichnen wir kein systematisches Drangsalieren bestimmter Gruppen oder Personen. Kommt es in Einzelfällen zu Konflikten zwischen Asylsuchenden, greifen die Mitarbeiter in den Zentren mediativ ein oder verlegen wenn nötig einzelne Personen in ein anderes Zentrum.»

Die Unterbringung von Asylsuchenden bei Privatpersonen sei laut Reichlin legal, werfe aber einige Fragen auf. «Beispielsweise die Frage, wer die Verantwortung trägt für das Wohl der Asylsuchenden oder wer dafür sorgt, dass Kinder eingeschult werden.»

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