IS-Prozess, Tag 4«Ich habe Angst, dass mich jemand töten will»
Viert Tage lang standen vier Iraker vor dem Bundesstrafgericht. Sie sollen einen Terroranschlag vorbereitet haben. Sie bestreiten alles. Das Urteil folgt am 18. März.
Der IS-Prozess am Bundesstrafgericht ist am Donnerstag abgeschlossen worden. Das Urteil wird voraussichtlich am 18. März eröffnet. Der Prozess gegen die vier Iraker, welche die Terror-Organisation Islamischer Staat IS unterstützt oder daran beteiligt gewesen sein sollen, war durch und durch geprägt von der Auseinandersetzung mit den Chat-Gesprächen, auf denen die Anklage beruht.
Gemäss der Bundesanwaltschaft (BA) zeigen diese Gespräche auf, dass die vier Iraker versucht haben, Informationen, Material und Personal in die Schweiz zu bringen, die für die Durchführung eines Anschlags notwendig sind. Dafür verlangt die Staatsanwaltschaft bis zu 7,5 Jahre Gefängnis.
Codewörter in Chats als Beweis für Terrorplanung
Die Staatsanwaltschaft hat versucht aufzuzeigen, dass sich durch die Gespräche ein roter Faden zieht. Dass die Chats trotz Codewörtern die Absichten der Angeklagten aufzeigen und dass die Verwendung von Skype und Facebook für die Kommunikation zu den üblichen Mitteln zählen, die in Terroristenkreisen verwendet werden.
Die Staatsanwältin kritisierte nach den Plädoyers, dass die Verteidiger die in den Chats gemachten Aussagen je nach Belieben und Nützlichkeit ausgelegt hätten. Mal seien die Gespräche falsch übersetzt worden, mal hätten die Angeklagten nur Witze gemacht oder einfach geprahlt. Nur bei jenen Passagen, die sich angeboten hätten, um die eigene Version der Geschichte zu untermauern, seien die Chats dann doch als Beweis beigezogen worden. Am Schluss lieferten sich Verteidiger und Staatsanwältin eine regelrechte Redeschlacht.
«Kann nicht mehr ertragen, weiter im Gefängnis zu bleiben»
Der Verteidiger des gelähmten Hauptangeklagten Osama M. legte die Chats und die darin verwendeten Codewörter wie «Bruder», «arbeiten» oder «Gemeinschaft» in seinem Plädoyer als Versuch aus, Informationen zu Geheimgefängnissen im Irak zu beschaffen, um Gräueltaten des ehemaligen irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki zu belegen.
Die Verteidiger forderten deshalb alle Freisprüche.Lediglich im Zusammenhang mit der Verletzung des Ausländergesetzes machten die Anwälte der Inhaftierten Schuldeingeständnisse und beantragten bedingte Geldstrafen zwischen 40 und 120 Tagessätzen.
Alle Verteidiger beantragten darüber hinaus eine Genugtuung. Zum einen, weil die Anklageschrift weit vor Prozessbeginn bekannt wurde und in der Folge eine Vorverurteilung durch die Presse stattgefunden habe. Zum anderen sollten die seit bald zwei Jahren Inhaftierten eine Genugtuung wegen Überhaft erhalten. Der Hauptangeklagte Osama M. sagte zum Abschluss des Prozesses: «Ich habe keine Energie mehr. Ich kann es nicht mehr ertragen, weiter im Gefängnis zu bleiben. Ich habe Angst wegen dieser Verhandlung, dass jemand auf mich losgeht und mich töten will.»
Tipp von ausländischem Nachrichtendienst
Die BA hat die Untersuchung dieses Falles aufgrund von Hinweisen eines ausländischen Nachrichtendienstes aufgenommen. Im Frühling 2014 wurden drei der Angeklagten festgenommen.
Die Urteilsverkündung soll am 18. März stattfinden. Die bereits heute inhaftierten Angeklagten bleiben bis dann in Haft. (ann/sda)