Jetzt redet der Autobahn-Filmer

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Anzeigen mit VideobeweisJetzt redet der Autobahn-Filmer

Über hundert Verkehrssünder hat Roger B. mit einer Kamera im Auto aufgenommen. Der Polizei übergab er die Aufnahmen, damit sie auf dem Abschnitt mehr Kontrollen macht.

von
ann

Über hundert Autofahrer, die sich falsch verhielten, hatte Roger B.* zwischen 2012 und 2013 mit seiner Go-Pro-Kamera aufgenommen. Da es sich aber um eine so grosse Menge systematischer Aufnahmen von ein- und demselben Autobahnabschnitt handelte, sah die Staatsanwaltschaft von fast allen Verzeigungen ab. «Eine flächendeckende Videoüberwachung durch eine Privatperson ist unverhältnismässig und rechtfertigt das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit nicht», begründete Sprecher Marcel Schlatter von der Zuger Kantonspolizei gegenüber den Medien das Nichteintreten auf die Verkehrssünden.

Roger B. ist das gerade recht: «Ich wollte gar nicht Polizei spielen, nur einen Autofahrer habe ich tatsächlich angezeigt.» Das restliche Filmmaterial übergab er der Polizei, um den Beamten die gefährliche Fahrweise vieler Lenker auf dem Autobahnabschnitt zwischen Baar und Rotkreuz aufzuzeigen.

Gemäss seinen Aussagen komme es dort praktisch jede Woche zu einem Unfall.

«Mit der Übergabe der Videos schnitt ich mir ins eigene Fleisch»

«Die Leute respektieren einfach die Verkehrsregeln nicht», ärgert er sich. Jeden Tag erlebe er, wie Autofahrer drängelten, sich zwischen andere quetschten und rechts überholten. «Mir ging es nicht um den Einzelnen. Ich wollte die Polizei dazu bewegen, mehr Kontrollen zu machen.»

Auslöser war ein Unfall, den er beobachtet hatte. «Der Lenker konnte im Nachhinein nicht beweisen, dass er unschuldig war», so Roger B. Damit ihm selbst so etwas nicht passieren konnte, schaffte er sich daraufhin die Kamera an. Mit der Übergabe der Videos an die Polizei habe er sich aber vor allem ins eigene Fleisch geschnitten. «Das würde ich nie wieder tun.» Denn auch er wurde angezeigt. «Ich soll rechts überholt haben und einmal betätigte ich die Lichthupe», erzählt er. Ausserdem zerrte ihn ein Lenker wegen Verletzung des Geheim- und Privatbereichs durch Aufnahmen vor Gericht.

Die Anklagen gegen ihn wurden zwar alle fallen gelassen. «Aber ich hatte deswegen ein Riesentheater», sagt er. Zudem habe die Polizei seither die Kontrolltätigkeit nicht verstärkt. Die Kamera laufe darum weiterhin mit, wenn Roger B. fährt. «Aber nur für einen gravierenden Fall, damit ich beweisen kann, wer schuld ist.»

* Name geändert

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