Dashcam-WahnPrivater filmt hundert Lenker und zeigt sie an
Drängeln, dicht auffahren und rechts überholen - diese Manöver anderer Verkehrsteilnehmer filmte ein Autofahrer mit seiner Kamera. Die Polizei hatte gar keine Freude an den Anzeigen.
Ein Lenker hat auf seiner morgendlichen Autobahnfahrt zwischen Baar und Rotkreuz über hundert Verkehrsteilnehmer bei Verletzungen von Verkehrsregeln gefilmt. Diese hat er darauf bei der Polizei verzeigt. Die Videoaufnahmen machte er mit einer privaten Videokamera in seinem Auto. Offenbar filmte der Mann vor allem, wie Autofahrer drängelten, dicht auffuhren, im letzten Moment die Spur wechselten oder rechts überholten. Dabei soll er laut einem Verzeigten gar extra langsam gefahren sein, um Autofahrer zu provozieren rechts zu überholen. Die Aufnahmen reichte er gleich mit den Anzeigen ein.
Bei der Polizei hatte man aber gar keine Freude an den Videosequenzen. «Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug stellte die Strafuntersuchungen bis auf wenige Ausnahmen ein», sagte Sprecher Marcel Schlatter von der Zuger Kantonspolizei gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung». Denn die Überwachung des öffentlichen Raums und das Sammeln von Daten auf Vorrat durch Privatpersonen sei nicht zulässig. Auf den Bildern seien weder Unfallfolgen noch konkrete Gefährdungen zu sehen. «Eine flächendeckende Video-Überwachung durch Privatpersonen ist unverhältnismässig und rechtfertigt das öffentliche Interesse an Verkehrssicherheit nicht», so Schlatter. Für die Sicherheit im Strassenverkehr sei die Polizei zuständig, die über genügend Spezialisten verfüge und ausgebildet sei, um Überwachungen im Strassenverkehr durchzuführen.
Dashcams nicht explizit verboten, aber umstritten
Eine Videokamera im Auto zu installieren, ist nicht verboten, wenn die Sicht des Autofahrers nicht beeinträchtigt ist. Beim Fahren zu filmen ist aber eine heikle Angelegenheit. «Es ist nicht zulässig, dass Privatpersonen mit ununterbrochen eingeschalteten Videokameras den ganzen Verkehr und alle Passanten überwachen», sagt Zugs Datenschutzbeauftragter René Huber. Grundsätzlich sei das Filmen von öffentlichem Grund in engen Grenzen zulässig. Die sogenannten Dashcams würden diese Grenzen aber überschreiten. Der eidgenössische Datenschutzbeauftragte Hanspeter Thür kritisiert die Tatsache, dass die Videokamera durch die Windschutzscheibe nicht zu sehen ist und die Betroffenen darum gar nicht wissen, dass sie gefilmt werden.
Verboten sind die Kameras dennoch nicht, wie der Touring Club Schweiz bestätigt. «Wir stehen dem ständigen Einsatz von Dashcams auf öffentlichem Grund und dem systematischen Verzeigen von anderen Strassenverkehrsteilnehmern durch Private aber kritisch gegenüber», sagt Sprecher David Venetz. Er gibt zu bedenken, dass das Filmen von Personen, die nichts von den Aufnahmen wissen, als illegal eingestuft werden könnte. «Auch wenn die Kameras nicht explizit verboten sind.»