RecyclingkunstKappe aus Menschenhaar – Trend oder Ekel?
Zwei Luzerner Kunststudenten widmen sich dem «Zero Waste»-Trend und machen Kappen aus echtem Haar. Sie stossen damit auf gemischte Reaktionen.
Menschliche Haare wachsen und werden – meistens beim Coiffeur – geschnitten. Danach werden sie in der Regel mit anderem Abfall verbrannt, da sie nicht alleine kompostierbar sind. Die beiden Studenten der Hochschule Luzern Design und Kunst Sibylle Uhler und David Williner haben deshalb das Potenzial dieses Produkts erkannt und einen neuen Einsatzbereich gesucht, wie hochparterre.ch berichtet: «Wir wollten einen Werkstoff herstellen, der im Alltag der Menschen einen Platz findet», so Williner.
Coiffeure freuten sich über Anfrage
In den Friseursalons stiessen die beiden Produktdesigner auf offene Ohren bei den Hairstylisten. Sie hätten den Studenten die Haare sackweise zur Verfügung gestellt. Auch die Kunden der Coiffeure freuten sich: «Wenn einer der Kunden gerade auf dem Friseurstuhl sass, haben wir ihn gefragt und auch sie waren begeistert», so Williner.
Nachdem sie das nötige Material zusammen hatten, ging es an die Herstellung. Williner: «Wir haben einige Experimente durchgeführt, bis wir auf die Idee des Filzens gekommen sind.» Es sei die beste Methode zur Herstellung eines Textils aus Menschenhaar. Durch eine Kombination von Nass -und Nadelfilzen stellten die angehende Textildesignerin und der Objektdesign-Student grosse und stabile Filzflächen her und nähten daraus Kappen.
Extra gewaschen wurden die Haare vor dem Verfilzen aber nicht mehr: «Das hat ja schon der Coiffeur gemacht», so Williner. «Wir haben den Haarvlies nur noch eingeseift und durch das Filzen selbst wird das Haar sowieso nochmals gereinigt.»
Haarige Reaktionen der Mitstudenten
Für die beiden Studenten ist menschliches Haar ein Werkstoff wie jeder andere: «Die Anwendung einer Kopfhaarbedeckung, die aus Haupthaar hergestellt ist, soll den Ekel bei den Menschen überwinden.» Früher habe man in manchen Kulturen die Verstorbenen sogar damit geehrt, dass ihr abgeschnittenes Haar zu Trauerschmuck verarbeitet und von den nächsten Verwandten getragen wurde. Williner meint weiter: «Das Haar verschwindet von einem Kopf und wird in neuer Form auf ein anderes Haupt gesetzt.» Eigentlich setzten die Kappen durch den nachhaltigen Werkstoff auf den «Zero Waste»-Trend und würden so ein urbanes Publikum ansprechen.
Trotzdem merke man laut Williner, dass das Thema Haar mit vielen Bedeutungen und Gefühlen aufgeladen ist. So waren manche Dozenten und Studenten nicht sehr angetan von den Hipster-Mützen: «An der Ausstellung in unserer Schule spürten wir eine gewisse Abneigung gegenüber unserem Produkt», sagt Williner. Dies habe aber wahrscheinlich damit zu tun, dass die Menschen das Haar als tot betrachten, wenn es nicht mehr an der Kopfhaut ist. Williner: «Wir haben bemerkt, dass der Grundekel erst dann eintritt, wenn das Haar geschnitten ist.» Solange es auf dem Kopf des Menschen sei, würden es alle bewundern und schön finden.