«Ich bin total happy über den Freispruch»

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Karl-Dall-Prozess«Ich bin total happy über den Freispruch»

Das Zürcher Bezirksgericht hat Karl Dall vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Nach einem schweren Jahr ist der deutsche Komiker nun wieder zu Scherzen aufgelegt.

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Am 9. Dezember 2014 erschien der deutsche Komiker Karl Dall vor dem Bezirksgericht in Zürich.
Das Medieninteresse war riesig.
Der Vorwurf: Im Hotel Renaissance soll Karl Dall die Schweizer Journalistin A.S. vergewaltigt haben.
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Am 9. Dezember 2014 erschien der deutsche Komiker Karl Dall vor dem Bezirksgericht in Zürich.

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Das Zürcher Bezirksgericht hat am Dienstag den deutschen Entertainer Karl Dall vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Das Gericht kam zum Schluss, dass sich das angebliche Opfer die Tat ausdachte, um ihn zu bestrafen. Dall reagierte erleichtert.

Für eine Verurteilung reiche die Beweislage nicht aus, sagte der Richter bei der Urteilseröffnung nach dem zwölfstündigen Prozess. In den Aussagen der Geschädigten habe es zu viele Ungereimtheiten gegeben. «Seine Qualität der Aussage war eindeutig höher als ihre.»

Als «konstruiert» und «einstudiert» bezeichnete der Richter gar die Schilderung der eigentlichen Tat, der angeblichen Vergewaltigung in einem Zürcher Hotelzimmer im September 2013. Diese sei voller hölzerner Phrasen gewesen und habe gewirkt wie auswendig gelernt.

Rache für die Abfuhr

Karl Dall hingegen habe teilweise wenig vorteilhafte Aussagen über sich selber gemacht, etwa über seine Prostata-Operation, die ihm sexuell gewisse Einschränkungen beschert habe. Er habe auch zugegeben, dass er anfänglich neugierig auf diese Journalistin gewesen sei, die ihn habe persönlich treffen wollen. Vor dem Treffen in Zürich schrieben sich die beiden E-Mails der schlüpfrigen Art.

Am besagten Abend habe Dall die Frau dann aber ziemlich schlecht behandelt. «Wer eine Frau fast drei Stunden vor dem Casino warten lässt, will sicher nichts von ihr.» Für den Richter war deshalb klar: Die Frau sei in Dall verliebt gewesen, sei ihm aufs Zimmer gefolgt und habe sich dann gerächt, als er sie zurückgewiesen habe. Das Gericht sprach von einem regelrechten Rachefeldzug.

Dall will am Mittwoch etwas Verrücktes machen

Dall nahm den Freispruch erleichtert zur Kenntnis. Er sei «sehr happy», sagte er nach der Urteilseröffnung. Er habe zwar damit gerechnet, aber richtig glauben könne er es erst jetzt. Seinen Sieg werde er im Stillen und mit einem Gläschen Wein feiern. Die Anzeige wegen Vergewaltigung hatte den Entertainer im letzten Jahr stark beschäftigt: «Ich ging kaum noch aus dem Haus.»

Aus dieser belastenden Situation zieht er Konsequenzen: «Ich werde nicht mehr in Talkshows auftreten», verrät der Entertainer. Unterkriegen lässt sich Dall aber nicht: «Morgen mache ich etwas Verrücktes, etwas das ich noch nie in meinem Leben gemacht habe. Vielleicht springe ich ja in den Zürisee!» Der Staatsanwalt hatte eine bedingte Freiheitsstrafe von zwei Jahren gefordert.

Schlechte Gefühle gegenüber der Schweiz habe er nun trotz dieser Sache nicht, versicherte Dall. Er war im Dezember 2013 in St. Gallen festgenommen worden. Zuerst dachte er, das sei «Versteckte Kamera», doch es stellte sich als bitterer Ernst heraus.

Dall hat auch Klage eingereicht

Das Gericht sprach ihm nun – vor allem für die Verhaftung und die vier Tage Untersuchungshaft – eine Genugtuung von 10'000 Franken zu. Für die Anwaltskosten erhält er weitere 59'000 Franken.

Ob die Solothurnerin das Urteil weiterzieht, ist unklar. Erledigt dürfte die Sache für sie aber ohnehin nicht sein: Dall zeigte sie in der Zwischenzeit an, weil sie am fraglichen Abend heimlich Gespräche aufgezeichnet und Fotos gemacht hatte. Diese Aufnahmen stellte sie dann den Ermittlern zur Verfügung, um Dall zu überführen. Ein weiteres Verfahren könnte auf sie zukommen, weil sie jemanden fälschlicherweise einer Straftat bezichtigte.

Stalkerin mit psychischen Problemen

Ein psychiatrisches Gutachten attestiert der heutigen IV-Rentnerin eine unbehandelte Angststörung, eine obsessive Zwangsstörung und eine erotomane Wahnsymptomatik. Was das im realen Leben bedeutet, mussten in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche Prominente und Politiker am eigenen Leib erfahren.

Sie stalkte mehrmals prominente Männer, belagerte und bedrohte sie. Zwei Mal wurde sie deswegen schuldig gesprochen. Im Fall von alt Bundesrat Adolf Ogi wurde sie per Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 30'000 Franken verurteilt, die sie aber bisher nicht bezahlen konnte.

Dass sie immer wieder angezeigt wird, begründete sie mit «verletztem Männerstolz». Sie habe die Beziehungen nach eigenen Vorstellungen führen wollen, nicht so wie die Herren das gewünscht hätten. Über das Gutachten sagte sie, dieses sei mit Vorsicht zu geniessen. Der Gutachter habe sie ja nur zwei Stunden gekannt. (som/sda)

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