Zürich subventioniert ICF-Kinderkrippe

Aktualisiert

Umstrittene FreikircheZürich subventioniert ICF-Kinderkrippe

Hinter der «Chinderinsle» verbirgt sich die Freikirche ICF, deklariert ist das nirgends. Die Stadt Zürich unterstützt die Kinderkrippe dennoch – unter bestimmten Bedingungen.

Désirée Pomper
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Désirée Pomper
Die Kinderkrippe «Chinderinsle» ist laut dem ICF «keine Kirchensache».

Die Kinderkrippe «Chinderinsle» ist laut dem ICF «keine Kirchensache».

Dringend suchte die junge Mutter Sandra K. für ihre beiden Kinder eine Kinderkrippe. Über die Liste der bewilligten Krippen der Stadt Zürich gelangte sie auf die Homepage der Kinderkrippe Chinderinsle. Diese bot noch freie Plätze, die erst noch von der Stadt subventioniert werden. Also trat K. mit der Krippe in Kontakt. Doch als sie von der Krippenleiterin eine E-Mail mit der Domain ICF bekam, wurde sie stutzig.

Tatsächlich ist die Chinderinsle der Stiftung ACTS angeschlossen. Bei der Stiftung handelt es sich um den «sozialdiakonischen Bereich» der umstrittenen Freikirche ICF (International Christian Fellowship). Dieser Hinweis aber fehlt auf der Homepage der Kindertagesstätte. «Ich fühlte mich völlig hinters Licht geführt», sagt Sandra K. «Hätte ich von Anfang an gewusst, dass ICF hinter dieser Krippe steckt, hätte ich sie niemals in Erwägung gezogen.»

Sektenexperte Georg Schmid bemängelt die «unzureichende Deklaration» und sieht die Gefahr einer Fehlinformation: «Eltern können sich nur dann bewusst für oder gegen die ICF-Krippe entscheiden, wenn der Brand ICF auch genannt wird.» Bereits vor einigen Jahren sei es zu einem ähnlichen Vorfall gekommen, als die Kirche über eine Firma ohne ausdrücklich genannten ICF-Bezug einen Raum zu mieten versuchte.

Die Stadt soll handeln

Alan Sangines, SP-Gemeinderat der Stadt Zürich, fordert die Stadt nun zum Handeln auf: «Die ICF-Krippe muss auf der öffentlichen Krippenliste der Stadt und auf ihrer Homepage klar als solche deklariert werden.» Sollte sich die Krippe nicht religiös neutral verhalten, müsse die Stadt die Subventionierung der Krippe streichen. «Der Staat darf sich nicht an der religiösen Indoktrinierung unserer Kinder beteiligen.» Andreas Kyriacou von den Zürcher Freidenkern fordert gar die sofortige Einstellung der Subventionen: «Es ist nicht angebracht, dass die Stadt eine Krippe unterstützt, hinter der eine religiöse Trägerschaft steckt, die eine aggressive Missionierung betreibt, wie der ICF dies tut.»

Bedingung: Kein Missionieren

Die Streichung der Subventionen aber kommt für die Stadt nicht in Frage: «Die Krippe Chinderinsle hat die klare Auflage, nicht zu missionieren und eine religiös neutrale Erziehung zu gewährleisten», sagt Thomas Meier, Sprecher des Sozialdepartements der Stadt Zürich. Kontrolliert werden diese Auflagen mittels eines Krippenbesuchs mindestens alle vier Jahre. Ausserdem könnten sich unzufriedene Eltern bei der städtischen Krippenaufsicht melden, welche die Krippenbewilligungen überprüfen. Diese klärt die Situation ab und schreitet gegebenenfalls ein.

Zwei- bis dreimal jährlich kommt es zur Entzugsdrohung. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurde in der Stadt Zürich jedoch noch nie einer Krippe eine Bewilligung entzogen. Auch die Forderung nach einer Deklaration auf der städtischen Krippenliste findet man bei der Stadt unnötig, «da ein konfessionell neutrales Betreuungsangebot besteht». Meier: «Wir empfehlen aber den Eltern immer, das Betreuungsangebot gründlich zu prüfen.»

ICF findet Deklaration überflüssig

Die Krippenleiterin der Chinderinsle – selbst ein ICF-Mitglied – wollte keine Stellung nehmen und verwies umgehend auf den ICF-Sprecher Daniel Linder. Laut ihm ist die Krippe eine «eigene Organisation, die völlig unabhängig von der Kirche existiert.» Eine Deklaration auf der Homepage findet er «total überflüssig», da «die Trägerschaft für die Tagesstätte keine Rolle spielt und vom Wesentlichen ablenkt». Denn: «Diese Krippe ist keine Kirchensache.»

Mitarbeit: Zora Schaad

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