Basis- statt Schnüerlischrift«Der Schreibvorgang für Kinder wird einfacher»
Der Kanton Zürich führt ab Sommer 2016 die Basisschrift anstelle der Schnüerlischrift ein. Volksschulamt-Chef Martin Wendelspiess freut sich – und ist trotzdem etwas sentimental.
Die Schnüerlischrift! Dieses konsequente Verbinden aller Buchstaben mit schwungvollen Strichen, etwa von einem N zu einem R, das ist in den Volksschulen des Kantons Zürich bald vorbei. Ab dem Schuljahr 2016/17 lernen die Schülerinnen und Schüler neu die Basisschrift. Sie ist näher an der Blockschrift, klar, schnörkellos und erlaubt es, effizient und zügig zu schreiben.
«Der Schreibvorgang für die Kinder wird einfacher», sagt Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamts. Bislang hätten diese zuerst die Block- und dann die Schnüerlischrift lernen müssen. «Nun lernen sie von Anfang an die Basisschrift.» Wobei diese am Anfang nahe an der Blockschrift sei, sich aber mit der Zeit weiterentwickle.
«Vom U zum M drängt sichs auf»
Man verbindet also die Buchstaben nur noch dort, wo es Sinn macht – etwa um den Schreibfluss nicht zu unterbrechen. «Eine Verbindung vom U zum M drängt sich beispielsweise auf», so Wendelspiess. Das Ziel bleibt indes das Gleiche: Die Schülerinnen und Schüler sollen eine gute, lesbare Handschrift erlernen. «Und keine Musterschrift.»
Der Lehrmittelverlag Zürich überarbeitet gegenwärtig die «ABC«-Schreibhefte 1, 2 und 3. Sie werden künftig in der Schweizer Basisschrift zur Verfügung stehen. «Die Lehrpersonen können sich damit die neue Schrift selber beibringen», sagt Wendelspiess. Überdies bietet die Zürcher Arbeitsgemeinschaft für Weiterbildung von Lehrpersonen ab April Weiterbildungskurse an.
Übergangszeit von zwei Jahren
Laut Wendelspiess gibt es ohnehin eine Übergangszeit bis zum Schuljahr 2018/19. Das bedeutet: Erstklässler, die diesen Sommer starten, werden bereits die neue Basisschrift erlernen. Jene, die etwa in die 3. Primarschulklasse kommen, bleiben bei der Schnüerlischrift. «Es wäre übertrieben, ihnen jetzt noch eine neue Schrift aufzudrängen», so Wendelspiess.
Die Einführung der Basisschrift im Kanton Zürich beruht auf einem Entscheid des Bildungsrats. Die Deutschschweizer Erziehungsdirektoren-Konferenz (D-EDK) hatte am 31. Oktober 2014 den Deutschschweizer Kantonen eine koordinierte Umstellung auf die teilverbundene Basisschrift empfohlen. Sie stützte sich dabei auf den Bericht einer Arbeitsgruppe der D-EDK.
Luzerner haben mehr Spass
Dieser beruht auf Erfahrungen, die man im Kanton Luzern mit der Basisschrift seit Jahren macht. «Luzerner Dritt- und Viertklässler schreiben demnach deutlich lesbarer und sie sagen erst noch, sie hätten mehr Spass am Schreiben», sagt Wendelspiess. «Dann machen wir das doch auch – bei aller Sentimentalität.» Denn selbst er müsse zugeben, dass ihm die Schnüerlischrift ästhetisch besser gefalle. «Das M und vor allem das R brauche ich immer noch oft.»
Ganz anders klingt es da bei Lilo Lätzsch, Präsidentin des Zürcher Lehrerinnen- und Lehrerverbands: «Ich habe sowohl die Schnüerli- als auch die Handschrift verlernt – alles wegen dem Compi.» Sie begrüsse aber die Einführung der Basisschrift: «Das ist eine absolut pragmatische und zeitgemässe Lösung, damit die Schülerinnen und Schüler eine persönliche Handschrift entwickeln können.»