Bezirksgericht ZürichSex-Sprüche in Küche – Freispruch für Chefkoch
Ein Chefkoch wurde vom Vorwurf der sexuellen Belästigung freigesprochen. Die Begründung: In der zu engen Küche eines Edellokals gehörten derbe Sprüche und Schubser zum Alltag.

Der Küchenchef eines Zürcher Edel-Restaurants wurde am Bezirksgericht Zürich entlastet.
Die Vorwürfe gegen den heute 42-jährigen Küchenchef eines Zürcher Edelrestaurants wogen schwer: Wegen Drohung, sexueller Belästigungen und mehrfacher Tätlichkeiten musste er vor Gericht mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 70 Franken sowie mit einer Busse von 500 Franken rechnen. Zudem drohte ihm bei einem Schuldspruch die sofortige Entlassung.
Die Vorwürfe gingen auf das Frühjahr 2014 zurück. Damals soll der langjährige Küchenchef eine rund 30-jährige Praktikantin am Arbeitsplatz immer wieder sexuell belästigt haben. «Kennst du Kerzenwachs?» oder «schaust du Pornos?», lauteten die noch harmloseren Fragen des Deutschen.
Primitive Sex-Sprüche und Schläge auf den Hintern
Bei anderen Gelegenheiten packte er sie am Hals oder stiess sie in einen anderen Angestellten hinein. Oder er zupft sie an der Bluse. Als sie sich einmal bückte, schlug er ihr zweimal wuchtig auf den Hintern. Zudem soll er sie aufgefordert haben, sich auf einem Doppellavabo im Intimbereich zu rasieren.
Als sich die Praktikantin nach drei Wochen wehrte und ihren Vorgesetzten als «Dattelkopf» bezeichnete, erklärte er, dass sie aufpassen müsse, damit sie nicht eines Tages von der steilen Kellertreppe hinunterfalle, worauf die Frau ihr Praktikum abbrach und später Strafanzeige gegen ihren Ex-Chef erstattete.
5000 Franken Genugtuung verlangt
Die Rechtsanwältin der Ex-Praktikantin sprach von sehr primitiven und groben Anwürfen des Küchenchefs und forderte ein Schmerzensgeld von 5000 Franken sowie einen Schadenersatz von 225 Franken. So habe die Geschädigte fünf Monate lang eine Psychotherapie besuchen müssen, plädierte sie.
Der Beschuldigte wies die Vorwürfe zurück und sprach von alltäglichen Männergesprächen an seinem Arbeitsplatz. Da werde über Sex und Schwule gesprochen. Vor allem während der stressigen Mittagszeit gehörten Sprüche wie «beweg deinen Arsch» oder «fick dich» zum allgemeinen Tenor, erklärte er.
Freispruch dank rauen Tenors und enger Küche
Zudem sei die Küche des Restaurants so eng, dass man sich ständig gegenseitig schubse. Dabei sei es auch zu den eingeklagten Berührungen gekommen. Ihre Anzeige sei für ihn völlig überraschend gekommen. So habe sie sich niemals beschwert und habe auch öfters gelacht. «Ich bin zwar frech, übertreibe es aber nicht», verteidigte sich der Küchenchef zum Schluss.
Das Gericht sah den Sachverhalt der Anklage grundsätzlich als erstellt an. Trotzdem kam es zu einem umfassenden Freispruch. So sei der Gesamtkontext der Sprüche und der Berührungen ausschlaggebend, führte die Einzelrichterin aus. So herrsche in jener Restaurantküche am Mittag alltäglich ein rauer Tenor, was mehrere Angestellte als Zeugen bestätigt hätten.
Beschuldigter soll laut Gericht Sprachgebrauch mässigen
Zudem scheine es in der extrem engen Küche gebräuchlich, sich häufig zu schubsen und zu berühren. Das Verhalten des langjährigen Küchenchefs sei deshalb strafrechtlich nicht relevant, befand das Gericht. Dieser habe sich auch nicht viel überlegt.
Allerdings schärfte die Richterin dem Beschuldigten zum Schluss auch ein, dass sein Sprachgebrauch nicht akzeptabel sei. «Sie sollen künftig Ihren Ton mässigen», appellierte sie an den Freigesprochenen. Die Geschädigte könnte den Fall an das Obergericht weiterziehen.