ZürichKantonsrat will beim ZVV-Netz 134 Mio sparen
Der Zürcher Kantonsrat debattierte am Montag über Kostensenkungen im öffentlichen Verkehr. Das Ergebnis: Beim ZVV soll zünftig gespart werden.
Nur 26 von insgesamt 396 ZVV-Linien sind rentabel – 23 davon gehören zum Nachtnetz, das nur am Wochenende betrieben wird. Das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Liste des Zürcher Kantonsrats. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung ist nicht zufällig: Am Montag diskutiert der Kantonsrat nämlich über Sparmassnahmen auf dem Kantonsnetz.
Im Rahmen des Sparprogramms «Leistungsüberprüfung 2016» könnten laut dem «Zürcher Unterländer» beim öffentlichen Verkehr künftig rund 134 Millionen Franken fehlen: Der Kantonsrat stimmte mit 90 zu 82 Stimmen für die Budgetanpassung. Nun muss die Regierung über definitive Sparmassnahmen entscheiden. Betreffen dürfte dies vor allem ländliche Gemeinden – denn dort rentieren die Linien häufig am wenigsten.
Verlust von 340 Millionen Franken
So weist zum Beispiel der Bus Eglisau Bahnhof nach Eglisau Tössriedern lediglich einen Kostendeckungsgrad von acht Prozent auf – der Ertrag dieser Linie ist also um ein Vielfaches kleiner als die Kosten zur Betreibung. Neben den Busverbindungen sind aber auch S-Bahn-Linien betroffen, wie etwa die Forchbahn mit einem Deckungsgrad von 61 Prozent. Die einzige rentable S-Bahn: die S12 zwischen Zürich HB und Winterthur-Seen/Seuzach (118 Prozent).
Im Anbetracht dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass der ZVV für das Jahr 2015 einen Verlust von 340 Millionen Franken verbuchen musste. Dieser wird je zur Hälfte vom Kanton und von den Gemeinden getragen – je mehr Bahnhöfe und Haltestellen eine Gemeinde hat, desto mehr zahlt sie.
«Man muss sich einmal das Gedränge vorstellen»
Trotz des defizitären Geschäfts hält Kurt Schreiber, Präsident von Pro Bahn Schweiz, nicht viel von Einsparungen auf dem ZVV-Netz: «Die Kapazitätsgrenze ist vielerorts schon erreicht. Man muss sich einmal das Gedränge vorstellen, wenn es auf dem Schienennetz noch weniger Platz gibt.»
Werden die Leistungen ausgedünnt, sei zudem der Spareffekt nicht wirklich gross – der negative Effekt auf gewisse Zugsreisende jedoch schon. Vorstellen könnte sich Schreiber nur Änderungen bei jenen Linien mit einem Kostendeckungsgrad unter 20 Prozent. Dies in Form von Zusammenlegung von Linien oder eines Rufbussystems, wie es zum Beispiel im Kanton Thurgau üblich ist.
Werden die Billettpreise erhöht?
So einfach, wie es klingt, sind Anpassungen auf dem ZVV-Netz jedoch nicht. ZVV-Sprecher Thomas Kellenberger: «Wir sind gesetzlich verpflichtet, den Kanton Zürich mit öffentlichem Verkehr zu erschliessen. Gewisse Linien können nicht einfach so abgeschafft werden.» Anpassungen müssten im Einzelfall betrachtet und gegen das Interesse der Kunden abgewogen werden.
Laut Kellenberger ist aber klar: «Der öffentliche Verkehr wird vor den Sparmassnahmen nicht verschont bleiben.» Wie sich diese ausgestalten, liegt noch in den Sternen. Fälle die Regierung jedoch einen Beschluss, müsse der ZVV diesen umsetzen. «Die Möglichkeiten für Einsparungen im öffentlichen Verkehr sind begrenzt – darunter fallen entweder eine Anpassung der Tarife oder des Angebots», so Kellenberger. Sprich: höhere Billettpreise oder Verzicht auf einen weiteren Ausbau des Netzes.
Kantonsrat gespalten
Nach der ersten Debatte reagieren die Fraktionschefs im Kantonsrat unterschiedlich. Markus Bischoff (AL): «Wir sind gegen Sparmassnahmen im ÖV. Der ZVV ist eine Erfolgsgeschichte für den Kanton Zürich.» Derselben Meinung ist Benno Scherrer (Grünliberale): «Wir unterstützen diesen Sparantrag nicht. Wir können nicht gleichzeitig mit dem Fahrplanwechsel einen Ausbau bejubeln und einen Monat später über Sparmassnahmen diskutieren.»
Es gibt jedoch auch Parteien wie die BDP, die Sparmassnahmen im ÖV nicht ausschliessen. «Vor allem im Kanton Zürich darf das kein Tabuthema sein. Wenn die Regierung sparen will, werden wir ihr den Rücken stärken.» Auch aus der Sicht der CVP und der EDU muss der ZVV seinen Teil zum Sparpaket beitragen.
Die vollständige Liste der ZVV-Verbindungen samt Kostendeckungsgrad finden Sie auf www.kantonsrat.zh.ch unter dem Geschäft mit der KR-Nr.301/2015.