Schlappe für PolizeiAls Freier verzeigt – Freispruch für Juwelier
Juwelier Walter Haldemann wollte sich laut Sittenpolizei in Zürich auf offener Strasse illegal mit einer Dirne einlassen. Nicht zu beweisen, befand nun das Gericht.
Erneuter Rückschlag für die Stadtzürcher Sittenpolizei: Das Bezirksgericht Zürich hat am Dienstag den heute 66-jährigen Zürcher Juwelier Walter Haldemann vom Vorwurf der Widerhandlung gegen die Prostitutionsgewerbeverordnung umfassend freigesprochen. Der umstrittene Fall hatte im letzten Herbst für Schlagzeilen gesorgt. Besonders da der aufgebrachte Haldemann infolge seiner eigenen Verurteilung Anzeige erhoben hatte. Nicht nur gegen die Stadtpolizei Zürich, sondern auch gegen deren Pressesprecher Marco Cortesi.
Der Vorfall ging auf den 11. September 2013 zurück. Damals begab sich Haldemann am Vormittag auf seine übliche Beizentour, bei der er im Kreis 4 in verschiedenen Cafés und Restaurants diverse Kollegen traf. Laut Anklage wurde der Juwelier an der Dienerstrasse von einer Prostituierten angesprochen. Worauf er zusammen mit der Frau über das Trottoir in die gleiche Richtung ging. Für einen anwesenden Sittenpolizisten war der Fall klar: Er stellte Haldemann zur Rede und verzeigte ihn trotz seinem heftigen Bestreiten wegen Widerhandlung gegen die Gewerbeverordnung über die Prostitution. Bereits einen Monat später büsste das Stadtrichteramt Haldemann per Strafbefehl mit 200 Franken. Hinzu kamen die Verfahrenskosten von 250 Franken.
Nach Ehekrise Gang an die Presse
Für Haldemann hatte die Verurteilung massive Folgen. So schlitterte er aufgrund der Busse in eine ernsthafte Ehekrise. So hatte seine langjährige Gattin das Schreiben und die Rechnung der Sittenpolizei alles andere als mit Freude oder Verständnis zur Kenntnis genommen. Haldemann wagte deshalb den Gang an die Presse: «Das ist ein Skandal», wetterte der rüstige Senior auch heute am Bezirksgericht Zürich. Dort wehrte er sich gegen den Strafbefehl, das ihm ein «Nachsuchen einer sexuellen Dienstleistung» anlastete.
Der Verteidiger Haldemanns verlangte vor den Schranken einen vollen Freispruch. Mit Erfolg. So erklärte der Einzelrichter Beat Gut den Juwelier für nicht schuldig und sprach ihm eine Entschädigung von rund 4530 Franken zu. So sei nicht nachzuweisen, was der Beschuldigte mit der Frau gesprochen habe, hielt der Richter fest. Zudem habe Haldemann nicht nachgesucht, sondern sei angesprochen worden. Er sei nicht auf die Dame zugegangen, erklärte Gut dazu. Für einen Schuldspruch sei aber ein aktives Tun notwendig. Ein sich nur Ansprechenlassen sei dagegen nicht strafbar, begründete Gut den klaren Freispruch.
Ein Wermutstropfen bleibt
Haldemann zeigte sich mit dem Urteil sehr zufrieden. Er führte zum Schluss aus, dass er mit der Zürcher Polizei grundsätzlich gut auskomme. Allerdings gebe es auch dort schwarze Schafe. Sämtliche Verfahrenskosten wurden auf die Staatskasse genommen. Um einen Wermutstropfen kam Haldemann aber nicht herum. So hätten sich die Untersuchungsbehörden geweigert, gegen Cortesi ein Strafverfahren zu eröffnen, gab er an.