Armee-Offizier erstellt erfundenen Marschbefehl

Aktualisiert

Als Schwarzfahrer erwischtArmee-Offizier erstellt erfundenen Marschbefehl

Um gratis Zug zu fahren, hat ein Oberleutnant der Schweizer Armee einen fiktiven Marschbefehl erstellt. Der Schwindel flog auf, als er in eine Kontrolle geriet.

von
Attila Szenogrady
Mit gefälschtem Marschbefehl unterwegs: Ein 33-Jähriger geriet auf einer Zugfahrt von Horgen in Richtung Zürich in eine Billettkontrolle (Symbolbild).

Mit gefälschtem Marschbefehl unterwegs: Ein 33-Jähriger geriet auf einer Zugfahrt von Horgen in Richtung Zürich in eine Billettkontrolle (Symbolbild).

Keystone/Petra Orosz

Laut Anklage kam der Oberleutnant der Schweizer Armee bei einem Militärsportkurs im Herbst 2011 in den Besitz eines USB-Sticks, der eine Vorlage für einen Marschbefehl enthielt. Bereits wenige Monate später erstellte er an seinem damaligen Wohnort Winterthur mithilfe seines Computers einen fiktiven Marschbefehl, der ihm «Freie Fahrt in Zivil auf allen Strecken der Schweizerischen Transportunternehmen» erlaubte.

Dabei setzte der Offizier standesgemäss auch eine Gültigkeit für die 1. Klasse vom 30. April 2012 bis zum 25. Mai 2012 ein. Der Schönheitsfehler war dabei, dass es für ihn zum fraglichen Zeitraum gar kein militärisches Aufgebot gab.

Bereits in Winterthur verurteilt

Am 27. Mai 2012 hatte der Beschuldigte Pech und geriet auf einer Zugfahrt von Horgen in Richtung Zürich mit Anzug und Krawatte in eine Billettkontrolle. Da der vermeintliche Fahrschein die Gültigkeit überschritten hatte, nahm der Kontrolleur den Marschbefehl des zivil gekleideten Fahrgastes genauer unter die Lupe. Dabei kam heraus, dass es sich um eine Fälschung handelte.

Bereits im letzten September machte der heute 33-jährige Beschuldigte am Bezirksgericht Winterthur vergeblich ein Missverständnis sowie ein Verbotsirrtum geltend. So sei er davon ausgegangen, dass er berechtigt gewesen sei, einen Marschbefehl zu erstellen. Damit hatte er keinen Erfolg: Das Winterthurer Gericht verurteilte ihn wegen Urkundenfälschung zu einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu 160 Franken.

Freispruch oder Strafbefreiung gefordert

Der Beschuldigte legte Berufung ein und stellte auch am Montag vor Obergericht jeglichen Vorsatz in Abrede. Seine Verteidigerin verlangte einen umfassenden Freispruch und stufte den Marschbefehl lediglich als einen Entwurf ein. Es liege bei ihrem Klienten auch keine Bereicherungsabsicht vor. So sei er ein gut verdienender Bankkaufmann, der wegen 10 Franken kaum seine Karriere aufs Spiel setzen würde.

Sollten aber ein Schuldspruch und ein Eintrag ins Strafregister erfolgen, sei der bei einer Grossbank angestellte Beschuldigte beruflich erledigt, plädierte die Anwältin und forderte im schlimmsten Fall eines Schuldspruchs aufgrund der Geringfügigkeit des Delikts sowie eines fehlenden öffentlichen Interesses eine Strafbefreiung. Ohnehin sei der Oberleutnant in der Armee infolge des ersten Schuldspruchs inzwischen von einer Eliteeinheit in ein Betriebs-Detachement degradiert worden.

Schuldspruch bestätigt

Das Obergericht kannte aber kein Pardon und bestätigte das Winterthurer Verdikt umfassend. Der Beschuldigte sei laut Armee-Reglement nicht berechtigt gewesen, einen fiktiven Marschbefehl herzustellen, führte der Gerichtspräsident Franz Bollinger aus. Das Tatmotiv orteten die Oberrichter einzig in der Absicht, eine Fahrberechtigung vorzutäuschen. Der Offizier habe den Marschbefehl in sein Portemonnaie gesteckt und damit einen gültigen Fahrschein vorgegaukelt, sagte Bollinger. Eine Strafbefreiung komme nicht in Frage.

Mit der Bestätigung des Winterthurer Verdikts muss der Oberleutnant die Geldstrafe von 4800 Franken zwar nicht bezahlen, aber die bisher aufgelaufenen Gerichtskosten von 5800 Franken tragen. Zudem wird die SBB AG über einen Zivilrichter einen Schadenersatz von 300 Franken verlangen. Nicht zuletzt droht dem Offizier aufgrund der Verurteilung das Ende seiner langjährigen Karriere bei einer Grossbank.

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