Wer nur eine Vorspeise isst, zahlt 10 Franken extra

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Restaurant in ZürichWer nur eine Vorspeise isst, zahlt 10 Franken extra

Das Restaurant Neumarkt in der Zürcher Altstadt sorgt mit einer Wenigesser-Gebühr für Empörung. Laut dem Wirt sind dafür die Hauptgänge günstig.

von
ced

Zehn Franken für nichts: Unter dieser Überschrift findet sich auf Facebook ein Foto der Speisekarte des Restaurants Neumarkt. Hochgeladen hat es ein Kunde. Das Bild fokussiert auf einen kleinen Abschnitt zwischen Bioforellenfilet und Steinpilzravioli. «Falls nur eine Vorspeise konsumiert wird, erheben wir zusätzlich einen Deckungsbeitrag für unsere Dienstleistung von zehn Franken», steht dort geschrieben.

Diese Gebühr sorgt offenbar nicht nur beim betroffenen Kunden für Kopfzerbrechen. «Typisch Zürich», liest man zum Beispiel in den Kommentaren zu diesem Post. Neumarkt-Wirt René Zimmermann kann das nachvollziehen. In der «Limmattaler Zeitung» verteidigt er jedoch den Eintrag auf der Speisekarte: «Wir hatten immer mehr Leute, die einfach einen Abend lang dasassen und nichts konsumierten.»

«Sonst geht die Rechnung nicht auf»

Es sei immer wieder vorgekommen, dass Leute einen ganzen Tag lang Plätze besetzt und dabei nur eine Tasse Tee getrunken hätten. Gründe dafür sind laut Zimmermann die schöne Lage inmitten der Altstadt und der gute Service. Auch hätten schon Gruppen zu Essenszeiten einen Tisch reserviert und danach gar nichts gegessen. «Wir sind ein Speiserestaurant, da geht bei uns die Rechnung hinten und vorne nicht auf – wir müssen die Personalkosten erwirtschaften», sagt Zimmermann.

Eine Gebühr für Wenigesser sei an sich nichts Spezielles und in vielen gehobenen Gastronomiebetrieben verbreitet, sagt der Neumarkt-Wirt weiter. Üblicherweise werde der Deckungsbeitrag jedoch auf den Hauptgang aufgeschlagen. Zimmermann wollte das nicht – nicht zuletzt, um die Hauptgänge günstig zu halten. So ist ein Hauptgang im Restaurant Neumarkt ab 27 Franken zu haben, Mittagsteller gibt es ab 16.50 Franken.

«Ein guter Gastgeber muss darüberstehen»

Bis auf vereinzelte Gäste, die nur wenig konsumieren und das schöne Ambiente hätten geniessen wollen und danach bei der 10 Franken höheren Rechnung aus allen Wolken gefallen seien, hat laut dem Wirt noch niemand negativ reagiert. Das Neumarkt sei übrigens nicht das einzige Restaurant in Zürich, das einen deklarierten Zuschlag für Wenigesser verlange, lässt Zimmermann durchblicken.

«Wer es sich leisten kann, kann das so machen», sagt Ernst Bachmann, Präsident des Wirteverbands GastroZürich. «In meinem Restaurant könnte ich mir das wahrscheinlich nicht erlauben.»

Hiltl: «Geschäftsmodell überdenken»

Zwar sieht er ein, dass die Personalkosten im Schnitt bis zu 50 Prozent der gesamten Betriebskosten betragen und unbedingt gedeckt werden müssen. Er rät jedoch auch zur Kulanz. Zimmermann: «Das gibts doch einfach, dass jemand mal keinen Hunger hat. Da müssen wir als gute Gastgeber darüberstehen.»

Dieser Meinung ist auch Rolf Hiltl. «Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen», sagt der Gastronom. Das Hiltl funktioniere ja auch prima ohne Gebühr für Wenigesser. «Mir würde das nie in den Sinn kommen», so der Inhaber. Er ist der Meinung, dass Kunden bei attraktiven Angeboten automatisch gerne konsumieren. Hiltl: «Vielleicht müsste man das Geschäftsmodell überdenken.»

Kritik vom Konsumentenschutz

Rein rechtlich gesehen stehe es natürlich jedem Betrieb offen, eine Gebühr einzuführen, sagt Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz. «Konsumentenfreundlich ist sie aber definitiv nicht», so die Geschäftsleiterin. Betrete man ein Restaurant, sei ein derartiger Aufschlag das Letzte, was man erwarte. Stalder: «Solch eine Gebühr ist mir neu – sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Höhe.»

Mühe hat Stalder vor allem damit, dass der Gast erst im Restaurant von der Klausel erfährt: «Die Gebühr müsste bereits am Eingang klar deklariert werden. Der Kunde sollte nicht erst beim Blick in die Menükarte vom Zahlungszwang erfahren.» Neumarkt-Wirt René Zimmermann entgegnet, dass sich der Kunde bereits vor Betreten des Restaurants über die Gebühr informieren könne, da die Karte an der Tür angebracht sei.

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