Kanton ZürichWebsite klärt über grösste Bodybuilding-Mythen auf
Kann jeder mit Hilfe von Anabolika seine Muskeln unbegrenzt vergrössern? Das ist ein Mythos. Eine neue Zürcher Website will mit Fakten vor allem junge Erwachsene erreichen.
Muskeln sind das neue Statussymbol. Schon 15-Jährige gehen mittlerweile mehrmals wöchentlich ins Fitnesscenter pumpen, junge Erwachsene sowieso. Manche helfen mit anabol-androgenen Steroiden nach. Das ist gesundheitlich nicht unbedenklich – mögliche Langzeitfolgen sind etwa Herz-Kreislauf-Probleme oder Unfruchtbarkeit. Aus diesem Grund hat die Zürcher Fachstelle zur Prävention des Alkohol- und Medikamenten-Missbrauchs (ZüFAM) eine schweizweit einzigartige Info-Website namens Bodytuning-Check.ch aufgeschaltet.
Diese räumt mit Mythen auf. Etwa mit diesem, wonach jeder mithilfe von Steroiden die Muskelmasse unbegrenzt vergrössern kann. Richtig ist: Jede(r) reagiert individuell. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist genetischer Natur. Das heisst: Die Muskelmasse ist zu 70 Prozent vererbt. Auch die Zunahme der Muskelmasse ist zu einem grossen Teil erblich bedingt.
Männerbrüste und starke Akne
«Wir erheben nicht den Mahnfinger, sondern lassen Fakten sprechen», sagt ZüFAM-Projektleiterin Laura Jucker. «Es geht darum, die Leute zu sensibilisieren.» Zwar sei der Anabolika-Konsum an sich kein neues Phänomen, doch wegen des gestiegenen Körperkults würden insbesondere Jugendliche heute schneller zu solchen Mitteln greifen. «Das hören wir von Berufs- und Mittelschullehrpersonen zunehmend», sagt Jucker.
Dabei leide die für junge Menschen so wichtige Körperästhetik gerade bei der Einnahme von Anabolika. «Dass Männern Brüste wachsen oder eine starke Akne entstehen kann, ist vielen nicht bewusst – auf solche Dinge weisen wir hin», so Jucker. Zudem seien solche Nebenwirkungen rasch sichtbar. «Anders als beispielsweise beim Rauchen – dort können sich mögliche gesundheitliche Folgen erst nach Jahrzehnten bemerkbar machen, das ist für Jugendliche natürlich weit weg.»
Ein anderer Punkt ist laut Jucker der Umstand, dass man im Internet zwar haufenweise Kaufangebote für Steroide findet, jedoch kaum Hinweise zum gesundheitlichen Aspekt: «Die Website richtet sich denn auch vor allem an Personen, die bereits Anabolika einnehmen oder die Absicht haben: «Aus diesem Grund sind die Texte bewusst in einer Fachsprache formuliert.»
Wie Essstörung bei Frauen
Wer Beratung braucht, findet auf der Website entsprechende Stellen. Eine davon ist die niederschwellige Beratung des Vereins PEP: «Muskelsucht ist im Prinzip die männliche Form der Essstörung bei der Frauen», sagt Roland Müller, Fachpsychologe für Psychotherapie. Diese Männer würden analog zu den Frauen an einem gestörten eigenen Körperbild leiden. «Einfach in anderer Form – statt wie Frauen sich dünn zu hungern, denken sie 24 Stunden am Tag nur an den Muskelaufbau und das dafür ideale Essen.»
Betroffenen rate man zu einer Psychotherapie und weiterhin zu Krafttraining – «dies aber ohne Medikamente.» Noch berate man aber kaum Patienten: «Ganz einfach, weil man schlicht zu wenig weiss über die Hintergründe des Steroidmissbrauchs», sagt Müller. Dabei gingen Schätzungen in Deutschland davon aus, dass ein Fünftel der trainierenden Männer Anabolika nehmen würden. Für die Schweiz gibt es laut Müller gar keine Zahlen.
Über Facebook und Instagram wird man das Info-Angebot nun an Bodybuilding-Interessierte streuen. Für die Prävention direkt in den Fitnesscentern gibt es bereits einen Flyer, den diese freiwillig auflegen können. Selber vor Ort zu gehen, ist jedoch kein Thema. Jucker: «Das wirkt so missionarisch – abgesehen davon wollen wir ja nicht alle dort unter Generalverdacht stellen.»
Sie sind jung und kennen sich mit Steroiden aus? Melden Sie sich bei uns und erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen – auch anonym.