Polizei soll verschweigen, woher die Täter kommen

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ZürichPolizei soll verschweigen, woher die Täter kommen

Italiener? Schweizer? Albaner? Nur noch in Ausnahmefällen soll die Herkunft von Tätern genannt werden. Ein Vorstoss sorgte im Zürcher Stadtparlament für eine heftige Debatte.

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Nach dem Willen des Stadtrats fehlt künftig die Nationalität des Täters in Polizeimeldungen der Stadtpolizei Zürich.

Nach dem Willen des Stadtrats fehlt künftig die Nationalität des Täters in Polizeimeldungen der Stadtpolizei Zürich.

In Polizeimeldungen nennt die Stadtpolizei neben dem Geschlecht und dem Alter des Täters auch dessen Herkunft. Laut NZZ hat der Zürcher Gemeinderat ein entsprechendes Postulat überwiesen, mit dem der Stadtrat aufgefordert wird zu überprüfen, wie auf die Angabe verzichtet werden kann. Eine Ausnahme solle nur gemacht werden, wenn die Nationalität für ein Verbrechen relevant sei.

Die Herkunftsangabe bringe für das Verbrechen keinen Erkenntnisgewinn, begründen die Postulanten, SP-Fraktions-Chefin Min Li Marti, der Grünliberale Samuel Dubno sowie sechs Mitunterzeichner laut NZZ den Vorstoss. Marti bezweifele, dass Transparenz in diesem Bereich zu mehr Sachlichkeit führe. Es würden bloss Vorurteile geschürt und eine ernsthafte Debatte zu den Ursachen der Kriminalität vermieden.

Zensurversuch der Linken

Der Rat folgte laut «Tages-Anzeiger» dieser Ansicht nach einer mehr als einstündigen leidenschaftlichen, teilweise gehässigen Debatte. Sie habe sich im Kern um die Themen Transparenz und Öffentlichkeitsprinzip gedreht.

Auf vehemente Ablehnung sei das Anliegen bei der SVP gestossen. Mauro Tuena habe gar von einem Zensurversuch der Linken gesprochen und angedroht, die Nationalität von Tätern publik zu machen, sollte die Stadtpolizei diese künftig nicht mehr nennen. Denn an den Fakten könne man nichts ändern – einem hohen Ausländeranteil in den Kriminalitätsstatistiken.

Verschweigen helfe Rechtsextremen

Gegen den Verzicht wandten sich laut NZZ auch CVP und FDP. Markus Hungerbühler (CVP) erklärte, die Medien würden die Nationalität von Tätern so oder so herausfinden. Marc Bourgeois (FDP) erklärte, das Verschweigen helfe am Ende den Rechtsextremen. Es schüre bloss die Polemik und verstärke den Unmut in der Bevölkerung.

Samuel Dubno (GLP) merkte an, dass das Postulat der SP nur eine Rückkehr zum früheren Gebrauch herstelle. Bis zur Jahrtausendwende war es üblich, die Nationalität in Polizeimeldungen nicht zu nennen. Auf diesen Umstand machte auch Niklaus Scherr (AL) aufmerksam. Lange Zeit habe man ohne diese Angabe der Nationalität gelebt, und niemand habe gedacht, in einem Zensurstaat zu leben. Laut «Tages-Anzeiger» schrie Scherr in seinem Votum Roger Liebi (SVP) auch lauthals an, er solle endlich seinen Mund halten.

72 Ja zu 46 Nein

Angesichts dieser Emotionen wähnte sich Polizeivorstand Richard Wolff (AL) in einer Parkplatz-Debatte. Er wolle das Postulat entgegennehmen. Man werde «differenziert und nicht absolut» unterscheiden, wann eine Nationalitätsnennung Sinn ergebe und wann nicht. Weder in der Schweiz noch auf internationaler Ebene sei dies einheitlich geregelt. Bis zum Jahr 2000 habe es in der Schweiz auch ohne diese Angaben funktioniert.

Eine links-grüne Mehrheit aus SP, GLP, Grünen und AL stimmte der Forderung schlussendlich mit 72 Ja zu 46 Nein zu. SVP, CVP und FDP lehnten ab.

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