Gleichstellungs-Fachstelle«Schwangere werden zunehmend diskriminiert»
Eine Angestellte bei Valora soll zur Kündigung gedrängt worden sein, nachdem sie schwanger geworden war. Solche Fälle gibt es laut Zürcher Fachstelle für Gleichstellung immer öfter.
Einige Jahre lang arbeitete eine Frau bei Valora als Verkäuferin. Doch nachdem sie von ihrer Schwangerschaft erzählt hatte, soll die Verkaufsleiterin die Frau zur Kündigung gedrängt haben. Als Aner Voloder diesen Artikel las, war er nicht verwundert. «Mit ähnlichen Fällen haben wir es oft zu tun – Tendenz steigend», sagt der Jurist bei der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung.
So hätten sie im letzten Jahr etwa 400 Anfragen gehabt, dies sei ein Anstieg von 30 Prozent gegenüber den Vorjahren: «Bei einem Grossteil davon geht es um Mutterschaft.» Mindestens einmal pro Woche erhalte er einen Anruf: «Schwangere werden leider zunehmend am Arbeitsplatz diskriminiert und quittieren nach der Geburt oft ihre Stelle – die wenigsten freiwillig.»
«Frauen werden unter Druck gesetzt»
Dabei ist die Gesetzeslage klar: Frauen dürfen während der Schwangerschaft und 16 Wochen nach der Geburt nicht gekündigt werden. Trotzdem geschieht es laut Voloder immer wieder: «Einige Chefs halten ihnen gleich einen Aufhebungsvertrag unter die Nase, den die Frauen im Schockzustand unterschreiben.» Dann gebe es die subtilere Variante: «Die Mitarbeiterinnen werden etwa mit gezieltem Mobbing unter Druck gesetzt, bis sie von selbst aufgeben.»
Ein weiterer Trick: Kurz nach dem Mutterschaftsurlaub wird der Frau gekündigt, weil sie keinen Schutz mehr geniesst – dank des Gleichstellungsgesetzes kann sie sich wenigstens in finanzieller Hinsicht dagegen wehren, so Voloder: «Die Arbeitgeber werden zu Schadenersatz verpflichtet, ausser sie können beweisen, dass sie der Frau nicht wegen der Mutterschaft kündigten.» Allerdings erhalte die Betroffene meistens nur drei bis vier Monatslöhne: «Diese geringe Entschädigung nehmen leider viele Firmen in Kauf.»
Doch auch Männer melden sich bei der Fachstelle, sagt Voloder: «Sie werden etwa nicht befördert oder erhalten die Kündigung, nur weil sie sich verstärkt um ihre Kinder kümmern wollen.»
Viele Arbeitgeber machen es sich zu bequem
Warum immer mehr solche Fälle bei ihm auf dem Tisch landen, kann Voloder nicht genau sagen: «Es bräuchte unbedingt eine genauere Analyse.» Der stärkere Druck in der Wirtschaft könnte etwa ein Grund sein: «Viele Arbeitgeber machen es sich aber wohl einfach zu bequem und haben zu viele Ängste.» Etwa, dass eine Mutter wegen ihren kranken Kinder oft ausfällt oder eine Teilzeitstelle mit viel administrativem Aufwand verbunden ist: «Meistens sind diese Befürchtungen unbegründet.»
Hier bräuchte es ein gesellschaftliches Umdenken, findet Voloder: «Es ist doch schade, wenn gut ausgebildete und leistungsfähige Frauen auf dem Arbeitsmarkt verloren gehen.» Dass sie wie früher einfach zu Hause bleiben und sich voll um ihre Kinder kümmern, sei selbstverständlich keine Alternative: «Sie haben genauso viel Potenzial und sind genauso leistungsfähig wie die Männer.» Ausserdem könne sich das die Wirtschaft heute gar nicht leisten.
Mehr Informationen unter gleichstellungsgesetz.ch oder bei der Stadtzürcher Fachstelle für Gleichstellung.