«Ganze Koffer mit Geld werden herumgereicht»

Aktualisiert

Schweizer Jihadisten«Ganze Koffer mit Geld werden herumgereicht»

Im Fall der Jihad-Teenager aus Winterthur erhebt ein Freund der Familie schwere Vorwürfe gegen die An'Nur-Moschee. Dort seien Hintermänner des IS aktiv.

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Der Vater der Winterthurer Jugendlichen V. und E. zeigt Bilder seiner Kinder. Die damals 15- und 16-Jährigen waren im Dezember 2014 nach Syrien gereist. Am 30. Dezember 2015 kehrten die beiden Jugendlichen nach Winterthur zurück.
Auch der Schweizer Sandro (Name geändert) reiste aus Winterthur nach Syrien. Sein Schicksal ist ungewiss.
Anfang März 2015 wurde der Fall des 21-jährigen A.A. (Name der Redaktion bekannt) aus Arbon öffentlich: Er hatte sich im Herbst 2014 der terroristischen Nusra-Front angeschlossen und soll seine Frau (22), eine deutsche Konvertitin, gegen ihren Willen in Syrien festhalten. Sie hat im Kriegsgebiet ein Kind geboren.
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Der Vater der Winterthurer Jugendlichen V. und E. zeigt Bilder seiner Kinder. Die damals 15- und 16-Jährigen waren im Dezember 2014 nach Syrien gereist. Am 30. Dezember 2015 kehrten die beiden Jugendlichen nach Winterthur zurück.

Fatih Karacali(dha)

Die beiden Teenager aus Winterthur, die im Dezember 2014 nach Syrien reisten, um sich der Terrormiliz IS anzuschliessen, sind seit Ende Dezember wieder zurück. Vor ihrer Abreise verkehrten E.* (16) und V.* (17) in der An'Nur-Moschee in Winterthur-Hegi.

Nun erhebt ein Freund der Familie schwere Vorwürfe gegen die Moschee, wie der «SonntagsBlick» schreibt. Die Reise nach Syrien sei von Hintermännern des IS, die in der Schweiz tätig seien, ermöglicht worden: «Die Kontaktmänner, die das organisiert haben, verkehrten in der An'Nur-Moschee», sagt der Freund der Familie. Und: «Die Verantwortlichen dort haben zu wenig getan, um die beiden in ihrem religiösen Wahn zu bremsen!»

Koffer mit Geld

Gemäss dem Bekannten seien die Hintermänner bestens organisiert und hätten sehr professionell agiert. Der IS bezahle die Männer. «Ganze Koffer mit Geld werden in Winterthur herumgereicht, um den Jihadismus zu finanzieren», erzählt der Mann weiter. Wieso die Verantwortlichen der An'Nur-Moschee nicht eingegriffen haben, kann er nicht nachvollziehen. Auch die Schweizer Behörden haben in seinen Augen versagt.

Nicht nur Moschee spielte eine zentrale Rolle

Bei der Radikalisierung der Jugendlichen habe aber nicht nur die Moschee in Winterthur eine zentrale Rolle gespielt. Auch Valdet Gashi, der in Winterthur Kampfsport-Unterricht gab, soll V. den Kontakt zum radikalen Islam ermöglicht haben. Auch Gashi schloss sich dem IS an. Gemäss seiner Familie ist er im Juli 2015 in Syrien ums Leben gekommen.

Geplatzter Traum

Wie die Zeitung weiter schreibt, soll eine Frau für die Radikalisierung von E. verantwortlich sein. «Sie war arbeitslos und hatte viel Zeit», sagt der Freund. Diese Frau habe die Schweiz schlechtgemacht und E. erzählt, man könne nur in muslimischen Ländern frei sein. «Ausserdem sagte sie zu E., sie bekomme in Syrien ein eigenes Haus», erzählt der Bekannte.

Wie der «Blick» unter Berufung auf eine anonyme Quelle schreibt, mussten die Eltern von V. und E. mehrere zehntausend Franken bezahlen, damit ihre Kinder wieder freigelassen würden. Laut dem Freund der Familie geht der Alltag in der Schweiz für die beiden Jihad-Geschwister ab Montag wieder los. V. werde seine Lehre fortsetzen und E. die Schule besuchen. Die beiden sollen fremdplatziert werden.

Moschee-Präsident ist weg

Die An'Nur-Moschee steht seit Monaten in der Kritik. Mehrere Jugendliche, die dort verkehrten, gingen nach Syrien und schlossen sich dem IS an. Ob die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen Personen aus dem Umfeld der Moschee führt, gibt sie nicht bekannt.

Der Präsident der Moschee, Atef Sahnoun, hat laut dem «Tages-Anzeiger» mittlerweile das Handtuch geworfen: «Genug ist genug. Ich kann nicht mehr.» Sahnoun hatte versucht, seine Moschee zu verteidigen und in ein besseres Licht zu rücken. Zuletzt in der Sendung «Schawinski», wo er aber keinen guten Eindruck hinterliess. Seit dem TV-Auftritt werde auch sein Unternehmen angegriffen. Weitere Angriffe auf seine Firma müsse er verhindern, so Sahnoun: «Sie ist mein Leben.»

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