Missioniert das ICF bei jungen Muslimen?

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Religion und FussballMissioniert das ICF bei jungen Muslimen?

Zuerst tschutten, dann über Gott und die Welt diskutieren. Das ist die Jugendarbeit der Freikirche ICF im Zürcher Kreis 5. Infosekta ist besorgt.

von
A. Hirschberg
Die Veranstaltungen der evangelikalen Freikirche International Christian Fellowship (ICF) - hier im Bild die ICF-Konferenz - vermitteln gemäss Infosekta ein «attraktives Gruppengefühl».
Hinzu komme der «enge Wertekanon», der gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund anspreche. Aus diesem Grund sei die Jugendarbeit der Freikirche im Zürcher Kreis 5, die sich unter anderem an viele Muslime richte, «problematisch» und trage «missionarische Züge», so Infosekta.
ICF ist  überrascht von den Vorwürfen. Man vermittle beim Grillieren und Essen nur die eigenen Wertvorstellungen, heisst es. Ob daraufhin schon Jugendliche an Gottesdiensten teilgenommen haben oder sich gar taufen liessen wie dieser junge Mann im Bild, kann man bei ICF nicht beantworten.
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Die Veranstaltungen der evangelikalen Freikirche International Christian Fellowship (ICF) - hier im Bild die ICF-Konferenz - vermitteln gemäss Infosekta ein «attraktives Gruppengefühl».

ICF

Seit rund einem Jahr engagiert sich die Stiftung Acts im Kreis 5 unter anderem für Jugendliche – viele von ihnen muslimischen Glaubens. Acts ist der gemeinnützige Arm der evangelikalen Freikirche International Christian Fellowship (ICF).

Nun warnt Infosekta, dass das Engagement «missionarische Züge» habe und darum «problematisch» sei, so Mitarbeiterin Regula Spiess. Die Acts-Leute meinten es zwar gut, vermittelten aber auch ihre Jesusbotschaft und ihren engen Wertekanon. «Dieser spricht gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders an.»

Jugendliche entfremden sich von den Eltern

Hinzu komme das attraktive Gruppengefühl, das das ICF propagiere. «Gehört man dazu – ist man dabei.» Weil aber der Rest der Familie nicht zum ICF gehöre und entsprechend nicht «errettet» sei, führe das bei Jugendlichen zu einem grossen Dilemma und zu Konflikten. Spiess: «Oft entfremden sich Jugendliche von ihren Eltern.»

Auch der Offenen Jugendarbeit (OJA) im Kreis 5 ist das Engagement des ICF aufgefallen. Ein Anliegen der OJA sei, dass die Jugendlichen lernten, selbstständig zu entscheiden. «Von Organisationen, die dem entgegenwirken, grenzen wir uns ab», sagt Geschäftsleiter Giacomo Dallo. Man könne aber nicht schlüssig einschätzen, wie weit dies bei ICF der Fall sei.

«Wir halten keine Predigten»

Für die ICF-Kirche kommt die Kritik an ihrer Arbeit völlig überraschend. Man engagiere sich aus Nächstenliebe im Quartier. Immer am Donnerstag spiele man mit rund 30 Jugendlichen Fussball. Danach grilliere und esse man zusammen und rede über Gott und die Welt.

«Klar geben unsere Leute dabei Antworten, die ihren Wertvorstellungen und ihrem Glauben entsprechen», sagt Mediensprecher Nicolas Legler. Man halte aber keine Predigten und habe keinen Plan, zu missionieren. Ob Jugendliche aufgrund der ICF-Fussballabende schon an Gottesdiensten teilgenommen haben, kann Legler nicht sagen.

Dennoch zeigt Muhammad Hanel von der Vereinigung der islamischen Organisationen in Zürich (Vioz) wenig Verständnis für deren Engagement. Aus seiner Sicht gebe es sowohl christliche wie muslimische Randgruppen, die auf der Strasse missionierten. «Zum Leidwesen der Gesellschaft und der betroffenen Familien.» Bei praktizierenden Muslimen könne so ein Übertritt eines Kindes in eine christliche Freikirche die gesamte Familie traumatisieren.

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