Einkünfte verschwiegenSVP-Politikerin ergaunerte Sozialhilfe-Gelder
Ausgerechnet eine Vertreterin jener Partei, die am lautesten gegen den Missbrauch von Sozialhilfe wettert, ist für dieses Delikt verurteilt worden. Ob sie das ertrogene Geld zurückzahlen wird, ist noch unklar.

Eine SVP-Politikerin ergaunerte sich beim Zürcher Sozialamt Tausende Franken.
Wie sieht eine klassische Sozialhilfebetrügerin aus? Sie stammt aus Südamerika, dem Balkan oder Pakistan und schert sich keinen Deut um mitteleuropäische moralische Wertmassstäbe. Falsch: Bei E. K.* (52) handelt es sich um eine urbane Schweizerin im mittleren Alter und um eine mehr oder weniger erfolgreiche Event-Managerin.
Zudem hat sie jüngst bei der mächtigen Zürcher SVP politische Karriere gemacht. Sie kandidierte 2010 nicht nur für den Stadtzürcher Gemeinderat, sondern brachte es auch in den SVP-Vorstand in einem der grössten Zürcher Stadtkreise. Ausgerechnet bei jener Partei, die am meisten Stimmung gegen den Sozialhilfemissbrauch macht.
Was dem gängigen Weltwoche-Klischee krass widersprach: Die attraktive Blondine – es ist nicht Natalie Rickli – bezog zwischen Januar 2006 und September 2010 als angeblich mittelloses Scheidungsopfer regelmässig Sozialhilfegelder.
In Sozialwohnung gewohnt
Erstaunlicherweise trat sie gleichzeitig im Internet als aufgestellte Lächel-Managerin und SVP-Mitglied auf. Was sie nicht daran hinderte, den vermeintlich «feindlichen Sozialstaat» weidlich auszunehmen.
Laut dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl lebte sie offiziell in einer von der Sozialhilfe unterstützten Wohnung in der Nähe des Letzigrund-Stadions. In Wahrheit wohnte sie zusammen mit ihrem Freund in einer gediegenen Wohnung in einem benachbarten Quartier. Dabei fand sie für die nicht belegte Sozialwohnung für monatlich 1100 Franken eine dankbare Untermieterin mit orientalischem Namen.
Diverse Einkünfte verschwiegen
Zudem verschwieg die Politikerin gegenüber dem Sozialamt diverse weitere Einkünfte. So unter anderem die ausbezahlten Gelder von über 20 000 Franken einer Vorsorgestiftung der ZKB. Allein von der Visana Versicherung Muri bei Bern kassierte sie zwischen Dezember 2008 und Juni 2009 rund 15 000 Franken. Wofür, blieb unklar. Zu den Sponsoren der SVP-Politikerin zählte auch die Schweizer Nationalbank, die ihr 200 Franken vergütete. Oder die Boomerang Reisen Pacific Tours, die sie mit 300 Franken unterstützten.
Laut Staatsanwaltschaft hatte die Managerin von der Sozialhilfe insgesamt rund 80 000 Franken kassiert. Rund 36 000 Franken davon illegal. Weshalb sie aufflog, ist dem öffentlich aufgelegten Strafbefehl nicht zu entnehmen. Allerdings steht fest, dass die überführte Dame mit einem blauen Auge davongekommen ist.
Politisch am Ende
So wurde sie wegen Betrugs zu einer nachsichtigen und bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 30 Franken sowie 300 Franken Busse verurteilt. Zudem soll sie die Verfahrenskosten von 900 Franken tragen. Der Entscheid gilt als unangefochten und rechtskräftig. Der aktuelle Stand der politischen Karriere der SVP-Betrügerin ist ungewiss. Jedenfalls ist im Internet immer noch breit von ihrer erfolgreichen Wahl in den fraglichen SVP-Vorstand zu lesen. Ob und wie die Frau den Schaden an die Stadt Zürich zurückzahlen wird, ist noch offen.
Die Politkarriere der 52-Jährigen fand schon vor der Verurteilung ein jähes Ende: «Wir haben uns nach kurzer Zeit von ihr getrennt – zu Recht, wie sich jetzt zeigt», sagt der Präsident der Stadtzürcher SVP, Roger Liebi. Auch für Parteimitglieder gebe es kein Pardon: «Wir verurteilen ihr Handeln aufs Schärfste.»
SP-Nationalrat Cédric Wermuth dagegen findet, der Vorfall zeige, wie doppelzüngig die Partei sei: «Seit Jahren stellt die SVP ausländische Sozialhilfebetrüger an den Pranger. Dabei sollte sie sich der eigenen Verantwortung stellen – wie dieser Fall zeigt.»
(Mitarbeit: Deborah Sutter)
*Name der Redaktion bekannt