Zwei Stunden anstehenTürkisches Volksfest bei Stimmabgabe in Zürich
Türkische Stimmberechtigte strömten am Wochenende in Scharen nach Zürich, um im Generalkonsulat abzustimmen. Dies sorgte für einen Ausnahmezustand im Quartier.

Die Schlange war so lang, dass die Tramstation verschoben wurde.
Leser-ReporterDer Abstimmungskampf um das Präsidialsystem in der Türkei läuft auf Hochtouren – auch in Zürich. Seit dem 27. März können Auslandstürken im Generalkonsulat an der Weinbergstrasse Nähe Central ihre Stimme abgeben. Bereits am Donnerstag schrieb das Generalkonsulat auf Twitter: «Unsere Bürgerinnen und Bürger zeigen grosses Interesse an den Abstimmungen.»
Laut einem Leser-Reporter aus der Nachbarschaft ist die Situation am Wochenende noch extremer geworden. Dies sorgte aber nicht für Unmut im Quartier – ganz im Gegenteil: «Die Leute standen bis zu zwei Stunden an, um ihre Stimme abzugeben – ich fand das beeindruckend.»
«Erinnerte mich an ein Volksfest»
Obwohl die Abstimmung europaweit heftig diskutiert wird und die beiden Lager sehr emotional argumentieren, sei die Stimmung stets gut gewesen. «Es erinnerte mich an ein Volksfest», sagt der Anwohner weiter. Die Stimmberechtigten seien zudem von weit her angereist: «Ich habe Autos mit Kennzeichen von verschiedenen Kantonen gesehen und gar aus grenznahen Gebieten in Deutschland.»
Auch in Sachen Sicherheit habe man den Ansturm gut organisiert: «Das Ganze war etwas improvisiert, aber gut geregelt», so der Leser-Reporter. Kritisch sei es nur geworden, wenn das Tram durchfahren musste. Wegen der langen Schlange sei daher gar die Tramstation verschoben worden: «Das alles verlief aber überaus friedlich.»
«Bin froh, wenn Erdogan Diktator ist»
Auch ein weiterer Leser-Reporter lobt die gute Stimmung: «Es gab zwar deutlich mehr Verkehr und es wurde nicht immer ganz legal parkiert, aber aus meiner Sicht sollte man sich eher freuen, dass derart viele Leute an dieser demokratischen Abstimmung teilnehmen wollen.»
Doch es gibt auch kritische Stimmen: «Seit Tagen herrscht ein ständiges Kommen und Gehen – ich wusste gar nicht, dass die türkische Community so gross ist», so ein Anwohner. Weil es kaum Parkplätze habe, gehe der ganze Extra-Verkehr in die Quartiere. «Ich bin ein gelassener Mensch, aber allmählich nervt es. Ich bin froh, wenn Erdogan endlich Diktator ist.»