Busse aufgehobenVerurteilter Autofahrer gewinnt gegen die Polizei
Überraschend hat sich ein Zürcher Autofahrer gegen die Polizei durchgesetzt. Laut Obergericht ist ein kurzes Wegsehen während des Fahrens erlaubt.

Auf der A1 in Wallisellen wurde der Autofahrer von zwei Polizisten beobachtet.
Google MapsEin heute 33-jähriger Autofahrer aus Effretikon ZH zog im Juli 2014 auf der Autobahn in Wallisellen die Aufmerksamkeit von zwei Kantonspolizisten auf sich: Sie beobachteten, wie der Mann während der Fahrt gleich zweimal für mehrere Sekunden nach unten schaute.
Das brachte dem Autolenker eine Strafanzeige ein: Er wurde vom Bezirksgericht Bülach wegen Vornehmens einer Verrichtung während der Fahrt nicht nur zu einer Busse von 250 Franken verurteilt, sondern auch zur Übernahme der Verfahrenskosten von über 1500 Franken.
Er hatte die Lüftung bedient
Vor der Erstinstanz beteuerte der Autolenker vergebens seine Unschuld. Er habe lediglich den Kopf kurz gesenkt, erklärte er. Womöglich, um die Lüftung zu bedienen, gab er zu. Hingegen stellte er in Abrede, etwas gelesen oder auf sein Handy geschaut zu haben.
Das Bülacher Gericht stufte wie bereits das Statthalteramt des Bezirks Bülach die Darstellungen der beiden Polizisten als übereinstimmend und glaubhaft ein.
Wende am Obergericht: Freispruch
Der Autolenker zeigte sich hartnäckig und legte Berufung gegen das Bülacher Verdikt ein – mit Erfolg. Vor dem Obergericht kam es nun zu einer Wende und damit zu einem umfassenden Freispruch. Er erhält infolge einer anwaltlichen Vertretung sogar eine Prozessentschädigung von 5000 Franken.
Im Gegensatz zum Bülacher Gericht stuften die Oberrichter ein Telefongespräch des Beschuldigten während der Tatzeit als entlastend ein. So hatte er über Kopfhörer mit einer Kreditkartenfirma gesprochen, was ein Hantieren mit dem Handy oder ein Nachschauen in Unterlagen unwahrscheinlich erscheinen lasse.
Entscheidend war aber, dass das Obergericht die erstellte Abwendung des Blicks vom Verkehr als nur sehr kurz einstufte. «Daraus lässt sich nicht schliessen, dass der Beschuldigte in unzulässiger Weise abgelenkt war», steht im jetzt eröffneten Urteil. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass ein starkes Verkehrsaufkommen herrschte, schrieben die Oberrichter in ihrem Entscheid.