Zürcher Polizei warnt vor Gaunerzinken

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Geheimzeichen an HäusernZürcher Polizei warnt vor Gaunerzinken

«Unbewohntes Haus» oder «nichts Interessantes» - Geheimzeichen mit solchen Botschaften sind an Zürcher Fassaden aufgetaucht. Ein Flugblatt der Polizei stiftet zusätzliche Verwirrung.

Antonio Fumagalli
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Antonio Fumagalli

In die Hauspost der Bewohner von Zürich-Schwamendingen mischte sich vor gut einer Woche ein Schreiben der Stadtpolizei: Sie habe festgestellt, dass in der Nachbarschaft an einigen Briefkästen und Klingelschildern «verdächtige Zeichen – sogenannte Gaunerzinken – angebracht worden sind». Entdecke man welche, solle man sie umgehend entfernen – und nicht vergessen, Fenster und Türen zu schliessen, wenn man die Wohnung verlässt.

Gaunerzinken? Noch vor ein paar Jahrzehnten wäre das Wort jedem Kind ein Begriff gewesen, in Zeiten von mobilen Kommunikationsmitteln hat deren Verbreitung aber abgenommen. Gemeint sind kryptische Zeichen (siehe Bildstrecke), die von Ganoven aller Art dazu verwendet werden, geheime Informationen an Nachfolgende zu vermitteln. Mittels Codes wie «Hier gibt es Geld» oder «Kein Mann im Hause» wird der Komplize informiert, ob sich ein Einbruch in die entsprechende Liegenschaft lohnt oder nicht.

Wie viele Fälle nun in Schwamendingen aufgetreten sind, kann die Stadtpolizei auf Anfrage nicht beziffern. Gemäss Sprecherin Judith Hödl sind aus den letzten Jahren auf Stadtgebiet keine ähnlichen Vorkommnisse bekannt, das Phänomen trete nur punktuell auf. Wie bei anderen Delikten wie Dämmerungseinbrüchen und Enkeltrick-Diebstählen versuche man deshalb, die Bevölkerung präventiv zu informieren.

Jahrhundertealte Tradition

Ihren Ursprung haben die Gaunerzinken im sogenannten Rotwelsch, einer Art Geheimsprache von nichtsesshaften Gruppierungen, die im 13. Jahrhundert erstmals überliefert wurde. Die daraus entstandenen Zeichen wandelten sich im Laufe der Zeit, stets dienten sie aber dazu, die Absichten der Benutzer vor Aussenstehenden zu verbergen.

Im Volksmund hat sich über die Jahre der politisch inkorrekte Begriff «Zigeunerzinken» etabliert – und auch die Stadtpolizei Zürich hat aufgrund einer internen Panne zuerst in die gleiche Kerbe geschlagen (siehe Infobox). Sprecherin Hödl distanziert sich aber von einem Zusammenhang der neu aufgetretenen Geheimzeichen mit fahrenden Gruppen: «Es handelt sich dabei um einen Fehler unsererseits.»

Feedback

Haben Sie bei Ihrem Haus einen Gaunerzinken entdeckt? Haben Sie sonstige Hinweise, Anregungen oder Informationen zum Thema? Mail an: feedback@20minuten.ch

Panne bei der Stadtpolizei

Einige Bewohner von Zürich-Schwamendingen trauten ihren Augen nicht, als sie das Informationsblatt der Stadtpolizei Zürich in den Händen hielten. «Fahrende Gruppierungen» hätten sich im angrenzenden Waldgebiet niedergelassen. Sie brächten Gaunerzinken an Briefkästen und Hausglocken an, was unter der Bevölkerung «für Verwirrung sorge». Einiges Kopfschütteln bei den angeschriebenen Haushalten löste insbesondere der folgende Satz aus: «Die Polizei bittet daher die Anwohner […], verdächtige Personen sowie Fahrzeuge mit Nummernschilder der Länder D, F, RO über die Notrufnummer 117 zu melden.»

Polizeisprecherin Judith Hödl zeigt sich auf Anfrage höchst erstaunt, als sie erfährt, dass dieses Schreiben zirkuliert ist. Es handle sich dabei um einen Entwurf, der nicht abgesegnet und keinesfalls für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. «Wir bedauern, damit Verwirrung gestiftet zu haben – insbesondere, da sich herausgestellt hat, dass sich gar keine fahrenden Gruppierungen dort niedergelassen haben», so Hödl. Wo die Panne ihren Ursprung hat, sei zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Aber: «Wir werden abklären, wie dies passieren konnte und die nötigen Konsequenzen daraus ziehen.» (fum)

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