Überfallserie in SpanienAutobahnraub ist keine Lappalie
Der spanische Botschafter in der Schweiz bezeichnet die Überfälle auf der Autobahn als «läppische Diebstähle». Doch die Statistiken zeigen: Die Fälle sind zahlreich und nehmen zu.
Spanien muss unten durch: Die Verschuldung ist sprunghaft angestiegen und die Arbeitslosigkeit ist mit 20 Prozent extrem hoch. Darunter leiden auch die Touristen. Denn die schleppende Wirtschaft führt offenbar zu deutlich mehr Kleinkriminalität.
Dies beweisen Statistiken aus der Region Barcelona, wo in den letzten Monaten unzählige Schweizer auf der Autobahn ausgeraubt wurden. So haben Raubüberfälle auf das Wageninnere laut der örtlichen Zeitung «La Vanguardia» von 2008 auf 2009 um über 20 Prozent zugenommen.
100 Pneustecherfälle pro Monat
Zahlen der katalanischen Polizei aus dem Jahr 2007 zeigen, dass allein mit der Pneustechermethode jeden Monat rund hundert Überfälle hauptsächlich auf Touristen verübt werden. Auch Quellen aus Diplomatenkreisen bestätigen, dass sehr viele Touristen Opfer der Autobahnräuber werden. «Während der Reisesaison klingelt das Telefon fast ohne Unterbruch, in den meisten Fällen wegen Diebstählen von Geld und Ausweisen», sagt ein Mitarbeiter des Schweizer Konsulats in Barcelona.
Dabei handelt es sich aber nur um die Spitze des Eisbergs, denn ein Konsulat sucht jemand nur auf, wenn er ohne Geld oder Ausweise nicht weiterkommt. Die meisten gehen zur Polizei oder melden den Vorfall gar nicht, weil sie so schnell wie möglich nach Hause kommen möchten.
Wenige Verhaftungen im Jahr
Klar ist, dass hinter diesen Überfällen mehrheitlich organisierte Banden stecken. Hie und da gelingt der katalanischen Polizei ein Schlag gegen solche Gruppen. So im Juni 2009, wo 19 Personen verhaftet wurden. Sie sollen in verschiedenen Zusammensetzungen über fünfzig Mal Touristen auf Rastplätzen überfallen haben.
Solche Verhaftungen sind angesichts der hohen Zahl der Fälle aber selten. Im Jahr zuvor etwa wurden nur drei Personen verhaftet. Die spanische Polizei scheint den Strassenpiraten gegenüber machtlos zu sein.
Diplomaten empört über spanischen Botschafter
Ganz anders sieht dies der spanische Botschafter in der Schweiz. Dieser bezeichnete die Diebstähle als «läppisch» . «In diesem Kontext von einer Raubüberfallserie zu sprechen, ist völlig übertrieben», so Fernando Riquelme Lidón. Seine Aussagen führten dazu, dass sich mehrere empörte Diplomaten auf der Redaktion von 20 Minuten Online meldeten.
«Das ist eine Verharmlosung der Tatsachen. Die Kleinkriminalität ist ein grosses Problem. Insbesondere der Strassenraub auf der Autobahn hat zugenommen», sagt ein Diplomat, der in Spanien tätig ist. Richtiggehend enerviert hat sich ein pensionierter deutscher Diplomat. Sein ehemaliger Arbeitsort, das Deutsche Generalkonsulat in Barcelona, wird heute noch täglich von über einem Dutzend ausgeraubten Deutschen aufgesucht. «Das ist ein grosses Problem und keine Lappalie», sagt er.
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