Lugano-Reizfigur LapierreLächeln, provozieren, explodieren
Kein anderer Playoff-Spieler bewegt die Gemüter so wie der kanadische Dauergrinser und Trash-Talk-Experte Maxim Lapierre vom HC Lugano.
Es vergeht derzeit kaum ein Tag, an dem der Name Maxim Lapierre nicht in der Zeitung steht. Oder bei einer Diskussion zum Thema Playoffs nicht fällt. Oftmals allerdings auf wenig schmeichelhafte Weise. Der frühere Nationalspieler und jetzige «Blick»-Journalist Dino Kessler bezeichnete ihn am Samstag etwa als «Kasper», der von den meisten Spielern belächelt werde.
Zuvor hatte der frühere und meisterliche ZSC-Provokateur Rolf Schrepfer am Freitag im «Tages-Anzeiger» bereits vorgelegt und gesagt: «Von den heutigen Spielern erinnert mich Berns Rüfenacht am ehesten an mich. Was Luganos Lapierre macht, erinnert mich eher an einen Kindergeburtstag.»
«Lapierre nimmt niemand ernst»
Auch die beiden momentan arbeitslosen Trainer Kevin Schläpfer und Lars Leuenberger können mit dem 31-jährigen Kanadier nicht viel anfangen, wie sie im Playoff-Talk von 20 Minuten letzte Woche deutlich machten. «Davon bin ich nicht so Fan», sagte etwa Schläpfer. «Ich sehe gern geiles, schnelles, lässiges Hockey, und ich sehe nicht so gern Leute, die versuchen, dieses kaputt zu machen.» Und Leuenberger wurde noch deutlicher: «Ihn nimmt niemand ernst, weil er es einfach in jedem Spiel macht. Wir konnten ihm in der letztjährigen Finalserie jeweils nur noch an den Kopf lachen, und später regte sich dann auch die eigene Mannschaft über ihn auf.»
Diese These stützt übrigens auch HCD-Verteidiger Daniel Rahimi, der dem Frankokanadier am letzten Spengler-Cup nach einem gemeinsamen Techtelmechtel vor laufender TV-Kamera zurief: «Du bist nicht gut genug, das gesamte verdammte Team hasst dich. Frag mal nach.»
Lars Leuenberger und Kevin Schläpfer orakeln über das Playoff 2017.
Das sagen Lars Leuenberger und Kevin Schläpfer über Maxim Lapierre.
Klare Worte. Aber Lapierre zieht die Leute durchaus auch in seinen Bann und steht dabei auch wie kein Zweiter im Fokus. Man will es ja schliesslich nicht verpassen, wenn der Typ mit dem Hollywood-Lächeln wieder sein breites, fieses Grinsen aufsetzt und einen Gegenspieler verbal traktiert. Geschweige denn, wenn sein Dampfkessel explodiert und er die Fäuste sprechen lässt.
«Auf dem Eis werde ich zum Krieger», sagte er bei seiner Ankunft in Lugano im Januar 2016 gegenüber Hockeyfans.ch. Und seine zahlreichen Kritiker liess er im Januar auf Sportalsports.com schon mal wissen: «Leute, die meinen Stil nicht mögen, kennen Eishockey nicht.»
Was läuft da mit Ronalds Kenins?
Beim Viertelfinal-Auftakt am Samstag hielt sich Lapierre für seine Verhältnisse noch einigermassen zurück. In den ersten Einsätzen suchte er auffallend oft den Kontakt zu ZSC-Stürmerstar Roman Wick. Später schwappten seine Aktivitäten bei Spielunterbrüchen zu dessen Teamkollegen Ronalds Kenins über. Da war es, das typische Lapierre-Grinsen, und auch der Lette schien daran durchaus seinen Gefallen zu finden und hatte dem Kanadier immer wieder etwas mitzuteilen. Ist da etwas im Busch zwischen den beiden? Fortsetzung folgt am Dienstagabend in Spiel 2 in der Resega.
Es ist wie so oft: Abseits des Rinks und ohne Eishockeyausrüstung ist der kontroverse Bösewicht ein wirklich sympathischer Kerl und fürsorglicher Familienvater. In der NHL brachte es Lapierre immerhin auf stolze 694 Partien. Doch er kam nie über den Status eines Rollenspielers hinaus, erlernte dafür die gesamte Palette der Provokation.
Lapierre ist aber auch mit einer Ausländerlizenz in der NLA ein durchaus tauglicher Zweiwegcenter und dazu ein exzellenter Bullyspieler. Dass er auch Tore schiessen kann, zeigte der Québécois unter anderem am Samstag, als er einen Fehler von ZSC-Verteidiger Severin Blindenbacher resolut ausnützte und mit seinem Treffer zum 3:4 dafür sorgte, dass in der Endphase nochmals Spannung aufkam.
«Maxim ist sehr wichtig für uns»
«Maxim ist sehr wichtig für uns», sagt Luganos Nati-Verteidiger Philippe Furrer und setzt damit – wie kaum anders zu erwarten war – einen Gegenpunkt zu den Aussagen von Leuenberger und Rahimi. «Er bringt Härte ins Spiel, hat gezeigt, dass er auch Tore schiessen kann, verfügt über eine erstklassige Arbeitseinstellung und ist auch in der Garderobe ein Leader.» Dort wird Sportsfreund Lapierre sicherlich auch des Öfteren lachen. Aber aus ganz anderem Antrieb als etwa mit Ronalds Kenins.
(Video: SRF)
Der verbale Ausbruch von HCD-Verteidiger Daniel Rahimi gegenüber Maxim Lapierre am letzten Spengler-Cup.