«Time-out» mit Klaus ZauggWarum der SCB seine Probleme nicht lösen kann.
Der SC Bern scheiterte zum dritten Mal in vier Jahren als Qualifikationssieger bereits in den Viertelfinals. Mit John van Boxmeer ist der Sündenbock gefunden, der Grund für die Probleme liegt aber an einem anderen Ort.
SCB-General Marc Lüthi und Stadtpräsident Alexander Tschäppät sind sich viel zu ähnlich. Das ist das Problem, das der SC Bern nicht lösen kann.
Das Wesen und Wirken des SC Bern auf dem Eis haben wir in den letzten Tagen durch und durch analysiert. Doch eher noch aufschlussreicher ist eine nüchterne, streng objektive Analyse des Spektakels um die Entlassung von Trainer John van Boxmeer.
Ja, die Art und Weise, wie Trainer John van Boxmeer am späten Dienstagnachmittag gefeuert worden ist, zeigt auf, warum der SCB seine Probleme nicht lösen wird.
Die gut inszenierte Trainerentlassung ist eine gute Show. Der sturmerprobte Kommunikator Lüthi setzt den Stahlhelm auf, tritt vor die Medien, pariert alle Fragen wie einst die Berner Fechtkultfigur Christian Kauter die gegnerischen Angriffe. So nimmt er seinen Kritikern den Wind aus den Segeln und erreicht, dass die Polemik in den lokalen Medien aufhört.
Die Medien und das SCB-Fussvolk haben das Opfer, das dargebracht werden muss.
Mannschaft bleibt «uncoachbar»
Trainer John van Boxmeer ist im besten biblischen Sinne der SCB-Sündenbock: Einst übertrug ein Hohepriester alle Sünden seines Volkes durch Handauflegen symbolisch auf einen Ziegenbock. Dann wurde das Tier mit einem Tritt in den Hintern in die Wüste hinaus gejagt. Mit dem Vertreiben des Bockes in die Wüste wurden alle Sünden mitverjagt.
Mit der Entlassung von John van Boxmeer hat sich das SCB-Management aller Sünden entledigt. Aber gar kein Problem gelöst. Die Mannschaft ist und bleibt «uncoachbar».
Leuenberger war sich des Jobs sicher
Angereichert wird die Entlassung des SCB-Cheftrainers mit der scheinbar dramatischen Neuigkeit, Sportchef Sven Leuenberger habe seinen Job zur Verfügung gestellt. Aber man habe ihm das Vertrauen ausgesprochen. Potz Donnerwetter! Dabei hatte der schlaue Leuenberger seinen Job nur zur Verfügung gestellt, weil er hundertprozentig sicher sein konnte, dass seine Demission weder von seinem Freund Marc Lüthi noch von seinen Freunden im Verwaltungsrat angenommen werden würde. Aber nach aussen macht das alles einen tipptoppen Eindruck und gaukelt die Fähigkeit zur Selbstkritik vor.
Vor wirklich schmerzhaften Personalentscheiden, welche die Leistungskultur verbessern könnten, fürchten sich Lüthi und sein Sportchef hingegen wie der Teufel vor dem geweihten Wasser. Und so haben sie am Dienstag listig von kommenden Personalentscheiden fabuliert. Wohl wissend, dass bald neue Säue durchs Mediendorf getrieben werden und das Interesse an der SCB-Krisenbewältigung nachlassen wird. Bald wird Ruhe einkehren und bald kommt die Hoffnung im Publikum auf, dass nächste Saison alles besser wird.
Massnahme bringt nichts
Nach dieser Entlassungsinszenierung bin ich fast sicher: Nach viel Theaterdonner bleibt beim SCB alles so, wie es schon immer war: Lüthi und Leuenberger bleiben an der Macht, die Spieler machen, was sie wollen und auch den neuen Trainer werden sie bald dressiert haben.
So werden zwar keine Meisterschaften gewonnen. Aber allerbeste Unterhaltung ist weiterhin garantiert. Und darauf kommt es ja im Eishockey auch an. Der SCB ist schliesslich ein Teil der Berner Unterhaltungs-Industrie. Der Fan lebt schliesslich nicht von Siegen alleine.
Lüthi wie Tschäppät?
Achtung, jetzt beginnt zum Abschluss noch eine kurze Polemik: Eigentlich ähnelt das Sportunternehmen SC Bern dem Gemeinderat, der Berner Stadtregierung, viel mehr, als ich bisher gedacht habe. Die Parallelen sind offensichtlich: Viel Arroganz, ein zerstrittener Haufen, viel Intrigen und alles zusammengehalten von einem schlauen, eitlen Rhetoriker.
Was Marc Lüthi beim SCB, ist Stadpräsident Alexander Tschäppät beim Gemeinderat. Der SCB hätte genug Geld, um das Bayern München des Eishockeys zu sein. Aber es fehlt die Fähigkeit zur Selbstkritik und zur Erneuerung. Auch das erinnert an den Berner Gemeinderat.
Vielleicht sind sich ja Marc Lüthi und Alex Tschäppät spinnefeind, weil sie sich zu ähnlich sind.
Ende der Polemik.