Ein unsentimentales und logisches Aufgebot

Aktualisiert

«Time-out» mit Klaus ZauggEin unsentimentales und logisches Aufgebot

Auf den ersten Blick gibt das Olympia-Aufgebot von Ralph Krueger Anlass zu Polemik. Wenn man aber etwas genauer hinsieht, zeigt sich, dass Kruegers Auswahl gut und richtig ist

Nicht ein einziger aktueller Spieler von Titelverteidiger Davos im Olympia-Aufgebot. Und dies, obwohl die HCD-Meistermannschaft von Schweizer Spielern geprägt wird wie kein anderes Team. Das letzte Kapitel in der Männerfeindschaft Arno Del Curto versus Ralph Krueger?

Genoni nicht so gut wie Stephan

Nein. Verteidiger Beat Forster wäre dabei gewesen. Aber er hat abgesagt. Bleiben noch Torhüter Leonardo Genoni und Stürmer Peter Guggisberg. Der aufgebotene Tobias Stephan (Servette) ist ganz klar höher einzustufen als Genoni. Stephan ist in dieser Saison konstanter und hat darüber hinaus Nordamerika-Erfahrung. Jonas Hiller (Anaheim/NHL) ist die klare Nummer eins. Stephan wird die Nummer zwei sein, wenn Martin Gerber fürs Olympiaturnier nicht fit wird.

Guggisberg ist einer der schnellsten und spektakulärsten Schweizer Stürmer und der beste Skorer von Davos (31 Spiele/29 Punkte). Aber seine Durchschlagskraft ist auf internationalem Niveau zu gering, auch an diesem Spengler Cup hat er sein enormes Talent nicht umsetzen können. Die Nationalmannschaft steht und fällt mit einer effizienten Spielweise und Guggisbergs Spiel ist spektakulär auf heimischen Eisfeldern - aber die Durchschlagskraft bei intensiven Partien auf den kleinen nordamerikanischen Eisfeldern ist fraglich.

Leistungsprinzip wichtiger als Nibelungentreue

Und was ist mit Ryan Gardner? Er hat seine Nomination aus zwei Gründen verspielt. Erstens durch seine vorzeitige Vertragsunterschrift beim SC Bern (das ist inoffiziell und wird Krueger so nie offiziel bestätigen) und zweitens ganz einfach durch fehlende Leistung bei den ZSC Lions. Krueger reagiert extrem sensible auf fehlende Loyalität und diese frühe Zusage in Bern ist kein Akt der Loyalität gegenüber dem aktuellen Arbeitgeber ZSC Lions. Gardners Produktivität ist bei den ZSC Lions diese Saison zwar ähnlich gleich hoch wie vor einem Jahr - aber Gardner ist diese Saison nicht ganz die alles dominierende Spielerpersönlichkeit, die er aufgrund seines enormen Talentes sein könnte.

Eigentlich hält Krueger in Nibelungentreue zu seinen Spielern - das zeigt etwa das Aufgebot für Thierry Paterlini. Und doch steht das Leistungsprinzip ganz oben: Deshalb steht der Name Paul DiPietro nicht mehr im Aufgebot. Der eingebürgerte Kanadier ist am 8. September 39 geworden und der Held von Turin (er erzielte beim 2:0 gegen Kanada beide Tore) wäre immer noch ein guter Powerplay-Spieler. Aber Krueger traut ihm zu Recht nicht zu, das Turnier auf den kleineren nordamerikanischen Eisfeldern durchstehen zu können.

Krueger macht zum Schluss keine Geschenke

Schliesslich und endlich hat der Nationalcoach auch zwei Versprechen eingelöst. Er hat den beiden in Nordamerika engagierten Spielern Luca Sbisa und Andres Ambühl zugesichert, dass sie in Winnipeg im Olympia-Vorbereitungscamp mit den beiden Testspielen gegen Weissrussland um einen Platz im Team kämpfen dürfen.

Bis zum Vorabend des ersten Spiels in Vancouver können Spieler im Aufgebot ausgetauscht werden. Krueger wird voraussichtlich mit 26 oder 27 Spieler ins Vorbereitungscamp nach Winnipeg reisen und dort werden dann am 9. und 11. Februar 2010 in den beiden Partien gegen Weissrussland die Plätze definitiv ausgespielt. Das Aufgebot des Nationaltrainers ist unsentimental, Geschenke hat er keine verteilt, nicht einmal an Paul DiPetro. Und es ist logisch. Je nach Standpunkt gibt es leider oder zum Glück keinen Stoff für Polemik her.

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