Warum der SCB den Trainer feuern sollte

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«Time-out»Warum der SCB den Trainer feuern sollte

Bei YB sind Niederlagen bloss ein Ärgernis, der SC Bern verliert wenigstens mit Charisma. Trotzdem ist es höchst fraglich, ob Antti Törmänen im nächsten Dezember noch SCB-Trainer ist.

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg

Vielleicht ist es die Rache der Hockeygötter. Am 21. Oktober 2011 verliert Larry Huras nach einem 1:2 n.V. im eigenen Stadion seinen Job. Sein Assistent Antti Törmänen übernimmt den Posten. Es war bloss eine unbedeutende Niederlage in einem von 50 Qualifikationsspielen.

Nun hat auch Antti Törmänen gegen die ZSC Lions sein Waterloo erlebt. Auch 1:2. Auch im eigenen Stadion. Aber es ist nicht irgendeine Niederlage. Es ist die Mutter aller SCB-Pleiten. Die bitterste Niederlage in der Geschichte des SC Bern, die 1931 begonnen hat: Zweieinhalb Sekunden vor Schluss fällt das letzte Tor der Saison und entscheidet eine Finalserie, die ein Drama war.

Kein Grund, stolz zu sein

Wäre den Bernern nach der Heimniederlage im 50. und letzten Qualifikationsspiel gegen Ambri (1:4) ein Finale mit sieben Partien und Heimvorteil offeriert worden, sie hätten blind unterschrieben. Doch so, wie die dieses Finale nun verloren haben, nach einer 3:1-Führung, mit zwei «Matchpucks», gibt es keinen Grund, stolz zu sein. Ein Sportunternehmen wie der SCB darf kein Mittelmass akzeptieren. Das Management hat vielmehr der Frage nachzugehen, was schiefgelaufen ist.

Glückliche Trainer bleiben uns wegen ihrer Erfolge in Erinnerung. Pechvögel für ihre Niederlagen. Antti Törmänen ist so ein Pechvogel. An die Niederlage, die er im grandiosen Finale von 2012 erlitten hat, werden wir uns noch in 25 Jahren erinnern. Die Gefahr, dass der Finne den Schwefelgeruch dieser Finalpleite nicht mehr aus den Kleidern bringt, ist riesengross. Der Trainer-Zauberlehrling hat es mit seinem extremen Defensivhockey, mit seinem «Ant(t)i-Hockey» übertrieben. Dieses Finale kann seine Karriere nachhaltig prägen. Denn er trägt am Untergang der Hockey-Titanic SCB ein gerüttelt Mass an Verantwortung.

Von Hartley böse überrascht

Die letzten Minuten dieses letzten Spiels der Saison gehören zum Besten, was je im Berner Hockeytempel geboten worden ist: Viereinhalb Minuten vor Schluss stehen die Zuschauer auf. Es ist, als spürten sie das kommende Unheil. Sie wollen ihren SCB zur Schlussattacke, zum Titelgewinn vorwärtstreiben. Aber es sind die Zürcher, die diese finalen Minuten dominieren und sie elektrisieren ihren mitgereisten Anhang. Dichter war die Atmosphäre in der PostFinance Arena vielleicht noch nie. Hühnerhaut-Ambiance.

Für diese allerletzten Phase vor der unvermeidlich scheinenden Verlängerung setzt ZSC-Coach Bob Hartley zum ersten Mal alles auf eine Karte. Spielt nur noch zwei Linien. Stellt um. Fasst Jeff Tambellini und Andres Ambühl wieder in einer Linie zusammen. Auf einmal stürmen die Zürcher vorwärts. Sie dominieren in dieser finalen Partie nur diese finale Phase – und damit überraschen sie den Gegner und vor allem dessen Coach.

Es ist das verrückte Ende eines Dramas: Der SCB wird in seiner eigenen Arena in den Schlusssekunden um den Lohn seiner Anstrengungen gebracht. Auch deshalb, weil Trainer Antti Törmänen hilflos dem Untergang zusieht. Bob Hartley, der grosse Bandengeneral, hat den SCB-Coach blamiert. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Den Titel fahrlässig aus den Händen gegeben

Ein so charismatisches Hockeyunternehmen wie der SC Bern kann nicht auf der wichtigsten Position einen Lehrling ausbilden. Die ZSC Lions haben auch erst wieder mit NHL-Bandengeneral Bob Hartley aus dem Mittelmass herausgefunden – mit dem Trainer übrigens, den SCB-Sportchef Sven Leuenberger auch einmal wollte. Aber halt nur halbherzig. Dass Antti Törmänen den Titel auch verloren hat, weil es der SCB-Sportchef einfach nicht fertigbringt, wenigstens drei brauchbare Ausländer zu rekrutieren, soll nicht verschwiegen werden. Bereits mit zwei überdurchschnittlichen ausländischen Arbeitnehmern hätte der SCB diesen Titel mit ziemlicher Sicherheit geholt. Aber Sven Leuenberger ist mit SCB-König Marc Lüthi befreundet und unantastbar.

Wenn Marc Lüthi sagt, Antti Törmänen sei nach einer Finalqualifikation unbestritten und verdiene seine Chance, dann redet er wie ein Verlierer. Der SCB hat einen Titel auf fahrlässige Art und Weise gegen den 7. der Qualifikation noch aus den Händen gegeben. Und dafür trägt der Trainer die Hauptverantwortung. Antti Törmänen ist ein Verlierer.

Ein charismatischer Trainer wie Krueger?

Natürlich bleibt der Finne vorerst im Amt. Seine Entlassung (er hat einen Vertrag bis Ende Saison) würde Geld kosten und, noch schlimmer in einem Unternehmen, in dem Sportchef Leuenberger Kumpel mit allen ist, Mut zum Risiko und zur Unbeliebtheit erfordern. Aber wer die Zeichen am Horizont der Zeit richtig deutet, geht keine Wette mehr ein, dass Antti Törmänen im Februar 2013 noch SCB-Trainer sein wird. Dieser Finaluntergang mit Karacho wird ihn nächste Saison verfolgen wie ein böser Geist.

Der SCB hat in den letzten fünf Jahren mindestens zwei Titel durch notorische Verlierer an der Bande verschenkt: John van Boxmeer blieb drei Jahre im Amt. Zwei Jahre zu viel. Er gewann nichts. Und er gewinnt jetzt auch in Lausanne nichts.

Eigentlich wäre es ja so einfach: Ralph Krueger kehrt nach zwei NHL-Weiterbildungsjahren nach Europa zurück. Er war beim siebten Finalspiel als SCB-Gast in der VIP-Loge. Der Deutsch-Kanadier ist mit SCB-Präsident Walter Born befreundet. Ein grosses Hockeyunternehmen wie der SCB braucht einen grossen, charismatischen Trainer – einen wie Bob Hartley oder Ralph Krueger.

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