Eine Ausgeglichenheit, die keine ist

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«Time-out»Eine Ausgeglichenheit, die keine ist

Acht Teams innerhalb von vier Punkten. So ausgeglichen war die Liga statistisch vor der ersten Nationalmannschafts-Pause noch nie. Aber was ist diese Ausgeglichenheit wert?

von
Klaus Zaugg

Zwei Teams (Servette, ZSC Lions) haben fast keine Sorgen mehr. Für zwei Teams (Ambri, SCL Tigers) sind die restlichen Qualifikationsspiele nur noch eine Vorbereitung auf die Playouts. Dazwischen zittern acht Teams um die Playoff-Teilnahme. Zumindest theoretisch. Doch diese Ausgeglichenheit ist trügerisch. Obwohl Biel und die Lakers punktgleich mit Kloten, Davos und Zug sind, stehen sie bereits mit einem Bein in den Playouts.

Die Geschichte lehrt uns: Aussenseiter erreichen die Playoffs in der Regel nur dann, wenn sie im Herbst bis zur ersten Nationalmannschaftspause Wunder vollbringen, fleissig wie die Eichhörnchen Punkte sammeln und einen Punktevorsprung auf den 9. Platz herausarbeiten oder wenn einer der Grossen in eine tiefe Krise gerät. So haben es beispielsweise Biel auf Kosten von Servette (2012), Langnau auf Kosten von Lugano (2011) oder Basel und Ambri auf Kosten der ZSC Lions und Servette (2006) geschafft.

Die Besonderheit des Herbstes 2012: Keines der grossen Teams ist in eine echte Krise geraten. Entweder ist die Substanz einfach zu gross, um oft genug zu verlieren (SC Bern) oder die Gründe für die enttäuschende Klassierung sind so offensichtlich, dass keine echte Polemik aufkommt und sich noch keine Krise entwickelt hat, die das Leistungsvermögen nachhaltig untergräbt (Zug, Davos, Kloten). So haben wir zwar in Bern das Wetterleuchten der Polemik am Horizont. Aber ein echtes Gewitter mit Blitz und Donner, das Trainer Antti Törmänen vertreibt, ist noch nicht aufgezogen.

Tabelle gaukelt uns was vor

Die Lakers und Biel haben in den letzten Wochen Heldentaten vollbracht und weit über ihrem spielerischen Bruttosozialprodukt gespielt - und sind doch nicht vom Fleck gekommen. Sie sind in der Tabelle gleich weit wie die Grossen. Wenn die restliche Qualifikation in geordneten Bahnen verläuft, dann bestreiten die vier Teams, die jetzt unter dem Strich klassiert sind (SCL Tigers, Ambri, Lakers und Biel) im Frühjahr 2013 die Playouts. Die Tabelle gaukelt uns also eine Ausgeglichenheit vor, die eigentlich keine ist.

Was könnte dazu führen, dass die restliche Qualifikation doch nicht in geordneten Bahnen verläuft? Zwei Gründe der Hoffnung für Biel und die Lakers.

Erste Hoffnung: Die NHL-Saison beginnt doch noch. Zwar verlieren dann auch Biel und die Lakers zwei NHL-Stars. Aber am ärgsten würde es die Zuger treffen. Weil sie zwei NHL-Schweizer haben (Brunner, Diaz), die auf dem Transfermarkt nicht ersetzt werden können. Anders als der SCB haben die Zuger nicht die Tiefe im Kader um den Abgang von zwei NHL-Schweizern zu kompensieren. Beginnt die NHL spätestens im Januar, könnten Biel oder die Lakers die Zuger vielleicht doch noch in die Playouts verbannen.

Zweite Hoffnung: Das Management in Kloten verliert die Nerven. Trainer Tomas Tamfal und die Spieler haben bisher allen Stürmen getrotzt. Auch deshalb, weil sich das Management seit Saisonbeginn noch nicht zu stark eingemischt hat. Aber unter der Oberfläche gärt es. Es ist zwar gelungen, die Spieler aus den alten, familiären Strukturen herauszunehmen, durch Personalwechsel in der Führung einen vollständigen Neuanfang zu machen und das Unternehmen wirtschaftlich vollständig zu reorganisieren. Aber es ist noch immer nicht gelungen, das alte, familiäre Kloten aus den Spielern herauszunehmen. Es steckt immer noch sehr, sehr viel vom alten Dorfklub in den neuen Strukturen. Eine Welt, die den Teambesitzern Philippe Gaydoul (Milliardär) und Thomas Matter (Multimillionär) völlig fremd ist, die aber ihr Unternehmen noch immer viel stärker prägt als sie ahnen. Noch immer stecken die Zürcher im Niemandsland zwischen Dorfromantik und kaltem «gaydoulschem» Sportkapitalismus.

SCB, Fribourg und Davos laufen nicht Gefahr

Könnten auch der SCB, Fribourg, Davos und Lugano unter den Strich rutschen? Ein Blick auf die Tabelle sagt: Ja natürlich. Die Playoutgefahr ist sogar akut. Ein Blick auf die Kaderliste, auf das Management, auf die Kompetenz und Erfahrung der Trainer und der Manager, und auf die finanziellen Möglichkeiten sagt hingegen: Nein, die Gefahr ist eher gering. Damit werden wohl die Lakers, Biel, Kloten und Zug die letzten zwei Playoffplätze unter sich ausmachen.

Und wenn es doch ganz anders kommt? Dann wird die Unterhaltung noch grandioser sein. Und Sie erinnern sich im Frühjahr 2013 nicht mehr an diese Kolumne.

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