«Ich werde wohl nie mehr in der Schweiz spielen»

Aktualisiert

Nino Niederreiter«Ich werde wohl nie mehr in der Schweiz spielen»

Momentan läuft es Minnesota nicht optimal: sechs Niederlagen in Folge. Nino Niederreiter hat sich trotzdem in der NHL etabliert.

M. E. Giraldi
von
M. E. Giraldi
Nino Niederreiter (Nr. 22) von den Minnesota Wild ist seit dem 16. Februar 2015 der beste Schweizer NHL-Torschütze. Er löste mit seinen Saisontreffern 17 und 18 Damien Brunner ab, der in der wegen des Lockouts verkürzten Saison 2012/13 für die Detroit Red Wings 17 Mal traf.
Niederreiter unterschreibt im September 2014 einen neuen Vertrag bei Minnesota. Der Churer verdient dabei in drei Jahren acht Millionen Dollar.
Der 22-jährige Bündner hat sich in der bedeutendsten Hockeyliga der Welt einen Namen gemacht. Er hätte auch in die KHL wechseln können, schlug ein lukratives Angebot jedoch aus.
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Nino Niederreiter (Nr. 22) von den Minnesota Wild ist seit dem 16. Februar 2015 der beste Schweizer NHL-Torschütze. Er löste mit seinen Saisontreffern 17 und 18 Damien Brunner ab, der in der wegen des Lockouts verkürzten Saison 2012/13 für die Detroit Red Wings 17 Mal traf.

Keystone/Jack Dempsey

Nino Niederreiter wurde in Nordamerika erwachsen und ist bereit, sich mit den Superstars der NHL zu messen. «Aber schreibt nicht, dass ich der beste Schweizer Hockeyspieler auf der Welt bin …», bittet er. Mit erst 22 Jahren kennt er das grossartige Gefühl, sich in der NHL etabliert zu haben. Mit 22 Jahren hat er die Gewissheit, dass der Traum Realität geworden ist.

Niederreiter ist nicht mehr einer von vielen Spielern, die allabendlich das Eis in der NHL zum Brennen bringen. «El Nino» entwickelt sich zu einem Schlüsselspieler, für den allein es sich lohnt, das Eintrittsgeld zu bezahlen.

Der Schweizer hat sich von ganz unten bis auf die grosse Bühne hochgearbeitet. Er hat sein Zuhause in Chur früh verlassen und sich durch die Mühlen der Juniorenliga WHL und der AHL gemüht. Inzwischen hat der WM-Silberheld 2013 den süssen Geschmack des Erfolgs gekostet und Hunger auf mehr. «Mit knapp 17 Jahren das Elternhaus zu verlassen, sich in einem neuen Land und einem ungewohnten Lifestyle wiederzufinden und in einem Sport, der sich stark von dem unterschied, was ich von daheim kannte, war sicher nicht einfach. Aber es war richtig. Nach dem ersten Schock war es eine gute Entscheidung. Je früher, desto besser – auf jeden Fall hat es für mich so funktioniert», sagt er.

Nino Niederreiter, was waren die grössten Schwierigkeiten am Anfang Ihres Abenteuers?

Das grösste Problem war sicher die Sprache. Ich hatte Schwierigkeiten mich auzudrücken und die richtigen Wörter zu finden. Aber die vielen Hindernisse haben mich reifen lassen, mich erwachsen gemacht. Ich habe mich rasch in einen Mann und einen Profi verwandelt. Wäre ich in der Schweiz geblieben, wäre das wohl nicht so schnell gegangen.

Portland, New York, Bridgeport und nun Saint Paul. Die Städte, die Sie auf Ihrer Reise erlebt haben, sind sehr unterschiedlich. Welche hat Sie am meisten beeindruckt?

Ehrlich, mir haben alle auf ihre Art gefallen. In den USA, wie im Übrigen auch in der Schweiz, ist die Lebensqualität sehr hoch und die Städte sind oft sehr gepflegt. Es ist also nicht schwierig, sich in einen neuen Ort zu verlieben. Wenn ich von den vier Städten eine auswählen müsste, würde ich Portland nehmen. In Oregon und zudem einer nicht allzu grossen Stadt von europäischen Dimensionen habe ich eine gute Infrastruktur und eine herrliche Natur angetroffen. Wenn ich Gelegenheit habe, kehre ich jeden Sommer dorthin zurück. Dazu kommt, dass ich in Portland das Glück hatte, für die Winterhawks zu spielen. Eine hervorragende Franchise, eine hervorragende Mannschaft mit hervorragenden Fans.

Wie ist das Leben für einen 22-Jährigen in den USA?

Ich konzentriere mich auf die NHL. Wenn ich freihabe, geniesse ich Minnesota. Mir gefällt es sehr gut hier. Im Winter ist es sehr kalt, es fehlt nie an Eis und Schnee. Als Eishockeyspieler ist eine hockeyverrückte Stadt wie Saint Paul ein Ort, wo man sein will.

Wenn wir gerade von Minnesota und den Wild sprechen. Was sagen Sie zur bisherigen Saison?

Sie ist reich an Ups und Downs, aber das darf uns nicht frustrieren. Wir müssen nun Vollgas geben und positiv bleiben. Wenn wir unsere Schwächen beheben, können wir mit viel Selbstvertrauen in die Zukunft schauen.

Es gibt Experten, die Sie für den besten Schweizer Eishockeyspieler überhaupt halten …

(lacht) Nein, nein! Es gibt noch andere, die einen guten Job in der NHL machen. Ich denke da an Roman Josi und Mark Streit. Auch sie gehören auf diese Liste. Scherz beiseite: Ich möchte mich nicht davon ablenken lassen, was andere über mich sagen, positiv wie negativ. Mein einziges Ziel ist es, besser zu werden. Ich muss und will weiterhin viel lernen.

Verfolgen Sie eigentlich auch die NLA?

Aber sicher. Wie könnte ich auch anders, wo doch viele Freunde dort spielen. Ab und zu setze ich mich vor den PC und schaue ein Spiel. Ende Jahr hat mich zudem der Spengler Cup begeistert.

Damien Brunner hat seine Zelte in der NHL abgebrochen und spielt nun für Lugano. Denken auch Sie, dass Sie an einem gewissen Punkt Ihrer Karriere eine solche Entscheidung treffen könnten?

Ernsthaft? Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder in der Schweiz spielen werde. Wenn es mir gelingt, verbringe ich meine ganze Karriere auf dieser Seite des Ozeans, in der NHL. Aber klar – man kann heute nicht sagen, was in drei, vier oder fünf Jahren sein wird.

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