Beim SCB liegen die Nerven blank

Aktualisiert

Trotz SiegBeim SCB liegen die Nerven blank

Die Partie gegen Zug hat für SCB-Sportchef Sven Leuenberger ein Nachspiel. Was ist bloss los beim SC Bern?

von
Klaus Zaugg
Kann Antti Törmänen den SCB zur Bestform zurückführen?

Kann Antti Törmänen den SCB zur Bestform zurückführen?

Die Schlussphase der Partie SC Bern gegen den EV Zug ist ein wahrhaft grosses Spektakel. Exakt 2,9 Sekunden vor Schluss das letzte Bully. Berns Ryan Gardner gegen Zugs Esa Pirnes. Gardner gewinnt die Scheibe und Jean-Pierre Dumont trifft zum 3:3. Oben auf der Anzeigetafel bleibt die Uhr bei 00,01 stehen. Verlängerung. Der SC Bern siegt schliesslich im Penaltyschiessen 4:3. Weil Pascal Berger beide Penaltys versenkt. Ein langweiliges Spiel endet mit einem Feuerwerk. Die Zuschauer gehen zufrieden nach Hause. Auch die SCB-Generäle könnten sich beruhigt zurücklehnen.

Doch die Nerven liegen blank. Nach Spielschluss stürmt SCB-Sportchef Sven Leuenberger Richtung Schiedsrichterkabine und beschimpft Head Danny Kurmann heftig und übel und gut hörbar für viele umstehende Personen («Du huere W…»). Der umsichtige Schiedsrichter-Chef Reto Bertolotti ist auch da und er beruhigt die Situation. Er zieht den zornigen Leuenberger schliesslich ins alte SCB-Trainerbüro gleich neben der Schiedsrichterkabine («So geits eifach nid Sven, chum jetz u tue dy beruige.»). Wieder einmal ist das «vierte Drittel» nach einem SCB-Heimspiel grosses Kino.

Konsequenzen nach Leuenbergers Ausbruch?

Keine Frage: Eine solche Schiedsrichter-Beleidigung darf die Liga nicht einfach hinnehmen. Bertolotti schwächte gegenüber 20 Minuten Online zwar ab. «Also ich habe nichts gehört und Danny Kurmann hat mir auch nichts gesagt. Wahrscheinlich wurden gerade Türen geknallt.» Aber ganz wohl ist dem erfahrenen Schiedsrichterchef bei der Sache doch nicht. «Sollte Leuenberger tatsächlich so etwas gesagt haben, dann hätte er ein gröberes Problem. Wir werden von der Liga in dieser Sache mit Leuenberger noch ein Gespräch führen müssen.» Der Sieg hat also für den SCB-Sportchef, sonst ein Gentlemen vom Scheitel bis zur Sohle, ein Nachspiel. Entweder ein ernsthaftes Gespräch – oder dann ein offizielles Verfahren.

Die Ursache für den Zorn der SCB-Generäle: Kurz nach Beginn des Schlussabschnittes (41:33 Min.) schickt Head Danny Kurmann Caryl Neuenschwander mit einer Matchstrafe unter die Dusche. Der SCB-Stürmer hat Zugs Esa Pirnes mit der Schulter gegen den Kopf gescheckt. Der Finne bleibt auf dem Eis liegen, blutet und spielt wohl auch ein bisschen den «sterbenden Schwan». Breits beim zweiten Einsatz im anschliessenden Powerplay ist er jedenfalls wieder mit dabei. Dem tüchtigen Kurmann ist nichts vorzuwerfen: Er muss sofort entscheiden und ein Check gegen den Kopf ist immer irregulär, und wenn Blut fliesst und eine Verletzung vermutet werden muss, geht es nicht ohne Fünfminuten-Strafe mit Restausschluss. Die Hinausstellung von Neuenschwander (er ist fürs nächste Spiel automatisch gesperrt) ist der erste Ausschluss überhaupt in einem bis dahin langweiligen Spiel. Zug nützt Neuenschwanders Ausschluss zum 3:2.

SCB nur mit Glück in die Verlängerung

Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass die Nerven bei den SCB-Generälen so blank liegen und der Zorn auf die Schiedsrichter ist vollends unverständlich: Nur dank eines Schiedsrichter-Fehlentscheides reicht es nämlich dem SCB letztlich doch noch zum Happy-End: Sieben Sekunden vor Schluss steht es noch immer 2:3. Zugs Damien Brunner befreit. Berns Travis Roche berührt die Scheibe. Trotzdem entscheiden die Unparteiischen auf Icing. Ohne diesen Fehler wäre die Zeit abgelaufen, es hätte nicht mehr zum letzten Bully zwei Sekunden vor Schluss gereicht und der SCB hätte verloren. Und die Krisenfestspiele hätten begonnen.

Zugs Trainer Doug Shedden stellte sachlich fest, dass ein Schiedsrichter-Fehlentscheid seinem Team zwei Punkte gekostet hat. Aber er tobte nicht. Ganz im Gegenteil. Er blieb ganz Gentlemen und ärgerte sich mehr über Esa Pirnes, der das letzte Bully verloren hatte. «Er hätte ja nur die Scheibe wegwischen müssen.» Pirnes spielte in dieser Partie für Josh Holden. Holden ist nicht verletzt. Zugs Cheftrainer hat fünf Ausländer und muss jeweils einen auf die Tribüne setzen.

SCB weit von der Bestform entfernt

Auf den zweiten Blick ist die Nervosität der SCB-Generäle allerdings nicht so erstaunlich. Der SC Bern hat am Freitag das Derby in Langnau 4:6 verloren und nun mit viel, viel Glück gegen Zug 4:3 nach Penaltyschiessen gewonnen. Spielerisch und taktisch ist der SCB weit von der Bestform entfernt. Inzwischen zeigt sich immer mehr: Die Entlassung von Trainer Larry Huras hat auf die Leistung der Mannschaft und den Unterhaltungswert der SCB-Heimspiele ungefähr gleich viel Einfluss wie ein umgestürztes Velo in Peking: Nämlich praktisch keinen. Die Mannschaft entwickelt nach wie vor zu wenig Spielintensität und -Leidenschaft, die Berner werden in zu vielen Situationen einfach herumgeschubst – und das ist im Hinblick auf die Playoffs fatal. Zu viele wichtige Spieler und vier von fünf Ausländern sind nicht in Form. Der Unterhaltungswert des Spiels war auch gegen Zug bis weit ins Schlussdrittel hinein miserabel. Larry Huras ist ja nicht wegen der Resultate gefeuert worden. Sondern wegen zu wenig attraktiver Spielweise.

Entscheidend wir nun sein, ob es dem neuen Trainer Antti Törmänen gelingt, während der Nationalmannschaftspause (nächstes Spiel am 15. November auswärts gegen die ZSC Lions) das SCB-Spiel besser zu strukturieren, für eine härtere, intensivere Spielweise zu sorgen und die Stars und die ausländischen Arbeitnehmer in Form zu bringen. Sonst sucht SCB-Sportchef Sven Leuenberger in der zweiten Nationalmannschaftspause (10. Bis 20. Dezember) einen neuen Trainer und den Ausländer Nummer sechs.

Deine Meinung zählt