Holt der ZSC den langsamsten Verteidiger?

Aktualisiert

Gewagtes ExperimentHolt der ZSC den langsamsten Verteidiger?

Steve McCarthy (30) ist im Probetraining der ZSC Lions. Kann dieses Experiment mehr sein als nur eine Lachnummer?

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg
Steve McCarthy (r.) in seiner Zeit bei Atlanta. (Bild: Keystone/AP)

Steve McCarthy (r.) in seiner Zeit bei Atlanta. (Bild: Keystone/AP)

Wer in der NHL gespielt hat, muss gut sein. Die 302 NHL-Partien mit Chicago und Atlanta dürften der Grund dafür sein, warum ZSC-Trainer Bob Hartley Steve McCarthy zum Probetraining eingeladen hat. Er kennt den Verteidiger aus der Zeit als Coach in Atlanta.

Aber der kanadische Verteidiger hat in 55 Partien in Europa (Finnland und Russland) nicht einen einzigen Skorerpunkt produziert. Und zuletzt in Finnland in 32 Partien 81 Strafminuten abgesessen. Trainer und Manager in Finnland sind sich einig: Steve McCarthy ist der langsamste ausländische Verteidiger, der je in der höchsten finnischen Liga gespielt hat. Ein einflussreicher Hockey-Finne, dessen Name mir soeben entfallen ist, sagte es so: «Wenn die Zürcher zum Schluss kommen, McCarthy tauge für die NLA, dann müssen sie LSD konsumiert haben. Nur wenn sich alles im Kopf dreht, kann jemand den Eindruck bekommen, McCarthy sei schnell.»

Das ist natürlich bösartig. Die Scouting-Reports sind allerdings auch aus der NHL in dieser Beziehung wenig verheissungsvoll: Durchwegs heisst es, er sei zu wenig beweglich und schnell für eine grosse NHL-Karriere.

McCarthy ist gar nicht so schlecht

Aber warum wird Steve McCarthy nach Zürich eingeladen? Nun, er hat natürlich auch Qualitäten. Selbst in der NHL war er in Zweikämpfen fast nicht zu überwinden. Allerdings ist es auf den schmäleren NHL-Eisfeldern eher einfacher als auf den breiten europäischen Autobahnen, sich im Zweikampf zu behaupten. Er kann an der blauen Linie ein Powerplay orchestrieren und gilt als schussstark. Also ein defensiver Verteidiger. Wie einst Edgar Salis. Nur offensiv weniger wirkungsvoll als der heutige ZSC-Sportchef.

Es ist ein reizvolles Experiment: Der wahrscheinlich langsamste Verteidiger Europas macht ein Probetraining in einer der schnellsten Ligen der Welt. Vielleicht funktioniert es ja wie in der Fabel vom Hasen und vom Igel: Der Igel war immer schon dort, wo der Hase hinrannte. Aber eine so wichtige Rolle wie Paul McCartney bei den Beatles wird Steve McCarty bei den ZSC Lions nicht spielen.

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