Das aufgelöste Meisterteam

Aktualisiert

Huttwil FalconsDas aufgelöste Meisterteam

Huttwil rückt als Etappenort der Tour de Suisse ins Rampenlicht. Doch die Huttwiler haben soeben auf einem anderen Gebiet eine sporthistorische Leistung vollbracht.

von
Klaus Zaugg

Ist es möglich, ein Meisterteam einfach aufzulösen und ein Eisstadion zu schliessen? Im Prinzip ja. Aber eigentlich ist der Gedanke absurd, eine Mannschaft, die soeben spektakulär eine Meisterschaft gewonnen hat, aufzulösen und das Stadion zu schliessen.

Aber nicht in Huttwil. Weil den Huttwil Falcons nach dem Gewinn der Amateur-Meisterschaft der NLB-Aufstieg wegen eines Formfehler verweigert worden ist, hat Markus Bösiger, der Besitzer der Falcons und des Stadions, im Zorn die Mannschaft aufgelöst und das Stadion geschlossen (20 Minuten Online berichtete).

Spieler bei der Konkurrenz

Inzwischen hat sich der Pulverdampf verzogen und es ist lehrreich, das «Schlachtfeld» zu begehen und zu erkunden, was die praktischen Auswirkungen dieser im Schweizer Eishockey erstmaligen und damit historischen Radikallösung sind.

Seit dem Turmbau von Babel hat sich nie mehr ein Team so in alle Winde zerstreut wie jetzt die Spieler der Falcons: Gleich vier (Bartlomé, Ryser, Dreher, Portmann) wechseln zu Martigny, dem Team, das gegen die Falcons das Finale um die Amateurmeisterschaft verloren hat. Einer spielt künftig für Düdingen (Catillaz), einer für Oberthurgau (Berchtold) und einer für Zuchwil (Frutig). Simon Pfister wird neu Ersatzgoalie bei Basel (NLB) und Captain Robert Othman heuert bei seinem Ex-Klub Zunzgen-Sissach an.

Zweite und dritte Mannschaft übernehmen

Die Falcons gibt es also nicht mehr, sie werden sich nicht mehr an der Meisterschaft beteiligen. Die zweite und die dritte Mannschaft, die juristisch von der Erstligamannschaft unabhängig sind, bestreiten hingegen weiterhin die Meisterschaft der zweiten bzw. der vierten Liga. Allerdings müssen sie nun neu in Burgdorf und Zuchwil trainieren und spielen. Weil ja im Heimstadion kein Eis mehr aufbereitet wird.

Alle Bemühungen, Stadionbesitzer Markus Bösiger zum Eismachen zu bewegen, sind gescheitert. Die Canossa-Gänge (Bittgänge) von Huttwils Gemeindepräsident Hansjörg Muralt und von NASAK-General Hansjörg Birrer nach Langenthal an den Hauptsitz von Bösigers Firmen-Imperium blieben ohne Ergebnis. Zwar hat der Bund (NASAK) vor 14 Jahren den Bau des Stadions mit zwei Millionen Franken Steuergelder alimentiert und im Gegenzug verlangt, dass die Anlage 20 Jahre lang dem Sport zur Verfügung steht – doch juristische Handhabe gegen Bösigers Schliessung des Stadions gibt es keine.

Werbung für Bar- und Pubfestivalbesuche

Inzwischen hat der Langenthaler Unternehmer auch für das letzte noch anstehende Problem eine Lösung gefunden: Es gibt ja im Stadion, wie überall, auch Bandenwerbung (das Stück für 5000 Franken). Die wird nun, da kein Eishockey mehr gespielt wird, keinen Wert mehr haben. Bösiger platziert die Werbetafeln nun einfach hoch oben an den Wänden des Stadions über den Sitzplatztribünen. So ist die Werbung nun das ganze Jahr sichtbar und kann von den Besuchern der Bar- und Pubfestifals oder Konzerten oder sonstigen Volksbelustigungen bewundert werden. Bösiger sagt, Rabatt gebe es keinen, die Werbung koste immer noch 5000 Franken. Aber wer wolle, dürfe aussteigen.

Hängig ist jetzt nur noch die Schiedsgerichtsklage gegen die Liga (20 Minuten Online berichtete). Das Urteil wird aber keinen Einfluss mehr auf die Huttwiler Eiszeit haben. Bösiger will einfach wissen, ob ihm der Aufstieg hätte gewährt werden müssen und will einen Sieg vor dem Schiedsgericht allenfalls als Grundlage für eine Schadenersatzklage nützen.

Es ist fast wie im richtigen Leben: Wird gestritten, verdienen am Ende des Tages nur die Anwälte schönes Geld.

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