Maskottchen eckt anDer putzige Löwe befremdet die ZSC-Fans
Die «Hardcore»-Fans der ZSC Lions drohen, das neue Maskottchen ihrer Mannschaft auszubuhen. Sie fühlen sich von ihrem Club missverstanden und werfen ihm Kommerzialisierung vor.

Hat nicht nur Freunde: Das noch namenlose Maskottchen des ZSC. (Bild: ZVG)
«So eine dumme Idee! Kommerz pur!» - «Plüschtiere gibts im Kinderzimmer, und dort gehören sie auch hin» - «I hoff, de wird usbuht!!!!»: Wie man einschlägigen Foren entnehmen kann, sind die eingefleischten ZSC-Fans nicht erfreut über das neue Maskottchen des Zürcher Eishockeyclubs, das ab dem Saisonstart am 8. September die Zuschauer im Hallentsadion mit Darbietungen auf dem Eis unterhalten soll.
«Gestern riefen mich den ganzen Tag über Kollegen an. Sie waren ausser sich», sagt der ZSC-Ultra Corsin Zander. «Ein Maskottchen ist der Inbegriff der Kommerzialisierung, die den Fan zum Konsumenten degradiert und den Sport in den Hintergrund rückt.» Die Ultras haben auf dem Internet eine Stellungnahme veröffentlicht und eine Petition gegen das Maskottchen gestartet.
100 Namensvorschläge
Nicht nur die Ultras, auch der offizielle Fanvertreter André Bernhardsgrütter steht dem Plüschbären spektisch gegenüber. «Ich brauche es nicht.» Ihn interessiere, was auf dem Eis passiert. Bernhardsgrütter rät aber, erst mal abzuwarten.
ZSC-Sprecher Roger Gemperle hat die Kritik erwartet. «Wenn es nach den Hardcore-Fans gehen würde, würden wir alle Sponsoren aus dem Stadion und vom Leibchen verbannen.» Aber Profi-Eishockey koste nun einmal viel Geld, und deshalb brauche es eine Kommerzialisierung. Ausserdem müssten die «Hardcore-Fans» lernen, dass der ZSC auch Familien und Kinder als Fans habe, welche das Maskottchen schätzen würden. «Immerhin haben wir schon über 100 Namensvorschläge erhalten», so Gemperle.
Show statt Sport
Beklagt wird vonseiten der Ultras, dass sie aus der Zeitung von dem Maskottchen erfuhren. «Über den Fanrat, in dem Vertreter der verschiedenen Fangruppen und ein Clubdelegierter sitzen, haben wir sonst einen guten Draht zum ZSC», sagt Ultra Corsin Zander. Roger Gemperle meint dazu: «Ein Club muss sich überlegen, ob er erst alles von den Fans absegnen lässt oder ob er auch mal seinen eigenen Weg geht.»
Der tanzende Plüschlöwe ist der neueste Höhepunkt in einem Konflikt zwischen der eingefleischten Fanbasis und der Clubspitze. «Mit der Fusion des Zürcher Schlittschuh Clubs mit der Eishockey Sektion des Grasshoppers-Club im Jahr 1997 hat eine Entwicklung des ZSC begonnen, die unseren Verein zunehmend verfremdet», heisst es in einem offenen Brief der Fans an den Club. Die Ultras fürchten, dass die Spiele des ZSC bald jenen der NHL gleichen könnten, wo Maskottchen und Showeinlagen fester Bestandteil sind. «Das passive Publikum wird da mit einem professionellen Unterhaltungsprogramm und noch etwas Eishockey unterhalten», heisst es im Brief weiter.
Ballermann statt Choreo
Gemäss Corsin Zander haben sich die Spannungen verschärft, seit im Oktober 2009 der ehemalige «Art-On-Ice»-Showmaster Oliver Höner in den ZSC-Vorstand eingetreten ist und Hockeyspiele als «inszenierte Events» ankündigte. «Da läuteten bei uns die Alarmglocken», sagt Zander. ZSC-Sprecher Gemperle widerspricht: «Das Maskottchen war eine Idee der Geschäftsleitung.»
Der Streit zwischen Ultras und dem Clubmanagement dreht sich letztlich um die Frage, wer an den Spielen für die Show zuständig ist – der Club oder die Fans. «Manchmal unterbricht der Stadion-DJ unsere Lieder einfach mit einem Ballermann-Hit», meint Corsin Zander, «dabei sollten wir Fans doch Stimmung machen!»
Maskottchen-Trend
Der ZSC ist nicht der erste Verein mit einem Marketing-Tierchen. Vor den Spielen des EHC Servette fliegt ein Weisskopfseeadler in der Arena herum. Der FC St. Gallen hat seit 2006 einen Bären bzw. Leute, die in einem Bärenkostüm vor den Zuschauerrängen herumtanzen - allerdings nicht vor den eingefleischten Fans, bei denen das Maskottchen nicht sonderlich beliebt ist. Für den YB stand einst der OBI-Biber. Nachdem der Sponsor absprang, liess der YB die Fans darüber abstimmen, ob sie weiterhin ein Maskottchen haben wollten. Sie wollten nicht.