Larry HurasGestohlene Titel und ein bitterer SCB-Abgang
Wird Larry Huras (57) erneut ein Titel gestohlen? Der Kanadier über die Entlassung beim SCB, die ihn noch immer schmerzt – und dazu eine reizvolle Verschwörungstheorie.

Larry Huras schanppt sich nach seiner Entlassung bei Bern den Trainerjob beim HC Lugano.
Der gestohlenen Meisterpokal: 2006 wird Larry Huras in Lugano während der Playoff-Viertelfinals gegen Ambri gefeuert. Harold Kreis holt den Titel. Am 21. Oktober 2011 wird Larry Huras in Bern gefeuert. Sein Assistent Antti Törmänen ist nun drauf und dran, die Meisterschaft zu gewinnen.
Larry Huras ist ein grosser Kommunikator und bisweilen kann er auch ein Showmaster sein. Er gehört zu den wenigen grossen Coaches mit Selbstironie. Doch wenn er jetzt auf das grosse Finale angesprochen wird, kann er seine Bitterkeit nicht ganz überspielen. «Ich verfolge diese Finalserie mit gemischten Gefühlen», sagt er gegenüber 20 Minuten Online. «Aber ich freue mich über die guten Leistungen gerade der jungen Spieler wie Pascal Berger.» Vieles, was jetzt den Titel möglich macht, hat noch Larry Huras mit aufgebaut. Wird der SCB Meister, dann ist es auch ein wenig sein Titel.
SCB zu passiv für Huras
Der Ausgang der Serie ist für ihn klar: «Der SCB holt den Titel in maximal fünf Spielen.» Aber er zeigt sich ein wenig enttäuscht über die Spielweise: Der SCB spiele defensiver, passiver und weniger emotional als zu seiner Zeit. «Ich habe noch nicht einmal einen richtigen Check gesehen und eigentlich war der ZSC bei fünf gegen fünf die spielerisch bessere Mannschaft. Aber im Eishockey zählen keine Stilnoten. Nur Siege.»
Eine interessante Feststellung. Denn Larry Huras ist ja in Bern gerade wegen zu defensiver, zu passiver, zu langweiliger Spielweise, also wegen schlechter Stilnoten, am 21. Oktober gefeuert und durch seinen Assistenten Antti Törmänen ersetzt worden. «Ach was», sagt der Kanadier, der 2001 mit den ZSC Lions, 2003 mit Lugano und 2010 mit dem SCB die Meisterschaft gewonnen hat. «Die Entlassung hatte auch nichts mit fehlendem Erfolg zu tun. Wir lagen drei Punkte hinter dem zweiten Platz. Zeitweise konnten wir wegen Verletzungen nur mit zwei Ausländern spielen und Jean-Pierre Dumont kam erst nach meiner Entlassung.» Will heissen: Wäre Larry Huras jetzt mit diesem SCB auch im Finale, wenn ihn Marc Lüthi im Amt belassen hätte? So direkt mag er es nicht formulieren, er weiss zu gut, wie unberechenbar dieses Spiel ist und er hat Respekt vor der Arbeit, die in Bern geleistet wird. Aber er sagt immerhin, mit leicht ironischem Unterton: «Es war zumindest mein Ziel, die Meisterschaft zu gewinnen und dafür haben wir alle hart gearbeitet.» Und im Ton, wie er es sagt, schwingt auch ein wenig Bedauern und Bitterkeit darüber mit, dass er ein Werk, dass er angefangen hat, nicht mehr vollenden durfte.
Wirtschaftliche Gründe für Entlassung
Bleibt also die Frage: Warum ist er denn tatsächlich gefeuert worden? «Mit Sport hatte meine Entlassung nichts zu tun. Es waren ausschliesslich wirtschaftliche Gründe. Die Zuschauerzahlen waren rückläufig und Marc Lüthi geriet unter Druck. Er musste handeln.» Larry Huras sagt, der Zuschauerrückgang habe nichts mit der Spielweise zu tun gehabt. Wenn zu wenig Tickests verkauft werden, habe das andere Gründe. Welche? «Dann müssen wir die Antwort in der Marketing-Abteilung suchen.»
Mehr mag Larry Huras zu seiner Absetzung nicht mehr sagen. Es war noch nie sein Stil, schlecht über seine ehemaligen Arbeitgeber zu reden. Er weiss zu gut, dass in diesem Geschäft Brücken niemals abgebrochen werden sollten. Deshalb ist er schon zweimal an alte Wirkungsstätten zurückgekehrt: Nach Zürich und jetzt, nach dem Scheitern in Bern, nach Lugano.
Eine kleine Verschwörungstheorie
Es gibt inzwischen eine überaus reizvolle, wunderbare Verschwörungstheorie rund um die Entlassung von Larry Huras. Sie ist, unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit, dem Chronisten unter anderem aus dem kleinen Kreis um Larry Huras zugeflüstert worden. Der Kanadier weist jedoch die Urheberschaft dieser Verschwörungstheorie mit aller Vehemenz zurück und sagt, das sei so ungeheuerlich, dass er dazu nicht einmal Stellung nehme.
Allerdings führt sein Hinweis auf die wirtschaftlichen Hintergründe seiner Entlassung genau zu dieser Erklärung, die der Chronist dem Leser nicht vorenthalten möchte, ja nicht vorenthalten darf: Marc Lüthi sei wegen der rückläufigen Zuschauerzahlen und auslaufender Verträge mit den Sponsoren unter Handlungsdruck geraten. Er habe zwei Handlungs-Optionen gehabt: Den Coach abzusetzen oder etwas in der Werbeabteilung zu verändern. Das habe Larry Huras den Job gekostet – denn das Werbe-Erscheinungsbild des SCB sei von Marc Lüthis Freundin entworfen worden. Als Trainer den Job wegen der Freundin des General Manager verloren – das hat noch nicht einmal Hollywood erfunden. Vor so viel Fantasie können wir uns nur verneigen und sagen: Se non è vero, è ben trovato: Sollte es nicht wahr sein, so ist es doch gut erfunden.
P.S. Marc Lüthi reagiert auf diese Verschwörungstheorie mit einer Mischung aus Staunen, Amusement, Ungläubkigkeit und Verärgerung. Er bezeichnet sie als «bireweich» und verweist auf Fakten: «Wir haben bei den Sponsorenverträgen ein Allzeithoch … »