«Skibbe hat riesige Lust auf die GC-Nummer»

Aktualisiert

Weggefährte Reschke«Skibbe hat riesige Lust auf die GC-Nummer»

Der neue GC-Trainer heisst Michael Skibbe. Der Deutsche hat «lukrativere Angebote ausgeschlagen», wie sein ehemaliger Weggefährte und Leverkusen-Manager Michael Reschke weiss.

von
Eva Tedesco

Es war ein Weitschuss von Tranquillo Barnetta aus rund 20 Metern, der im Mai 2008 über das Schicksal des damaligen Leverkusen-Trainers Michael Skibbe entschieden hat. Der Hammerschuss des Schweizer Internationalen (70.) im Spiel gegen Werder Bremen am letzten Spieltag knallte nur an den Pfosten. Im Gegenzug schloss Markus Rosenberg einen Konter der Bremer geschickt ab. Werder gewann 1:0 und qualifizierte sich für die Champions League, während der Pillenklub vom vierten auf den siebten Platz in der Tabelle ab und aus dem internationalen Geschäft rutschte. Für Skibbe bedeutete das Verpassen des Europacups das Aus bei Leverkusen.

Kein Jammern. Kein Nachtreten. Skibbe gilt als einer, der Grösse zeigt, Manieren hat und selten Theater macht. «Er ist sehr umgänglich, ein intelligenter Typ mit einer hohen Sensibilität für andere Menschen. Er hat tiefe Fussspuren bei uns hinterlassen, die lange deutlich sichtbar waren», sagt Michael Reschke. Der Manager von Bayer hat jahrelang mit Skibbe in Leverkusen zusammengearbeitet und den Kontakt auch nach der Entlassung des 47-Jährigen nie abgebrochen. «Die Situation bei uns im Klub war damals schwierig und man hat in der Vereinsleitung entschieden, dass man was Neues machen muss. Aber Michaels Verhalten war einfach Klasse.» Reschke und Skibbe tourten danach sogar noch gemeinsam durch die Schweiz und Österreich und besuchten diverse Spiele der EM 2008.

Strahlkraft, um Menschen abzuholen

Reschke beschreibt Skibbe als einen absoluten Experten, was das fachliche anbelangt und hervorragend im Zugang zu den Spielern - auch zu den sehr jungen Profis. «Er hat eine Strahlkraft, um Menschen abzuholen. Die Jungen waren immer ein Faktor und ein Thema bei ihm», so Reschke. «Sowohl bei Schalke als auch bei Dortmund war er im Nachwuchsbereich tätig und hat sich als Co-Trainer der Nationalmannschaft immer in Projekte um den Nachwuchs gekümmert und eingebracht. In dieser Beziehung hat GC eine gute Wahl getroffen.»

Der Grasshopper Club ist seine achte Station als Cheftrainer und die Schweiz die zweite Liga nach der Türkei ausserhalb Deutschlands. Seine Trainer-Karriere startete Skibbe in seinem Heimatort Gelsenkirchen bei der U17 von Schalke (1987 bis 1989), trainierte danach die Dortmunder U19 (1994 bis 1997), die Reserven des BVB (1997/98), eher er 1998 das Profiteam der Dortmunder übernahm. Seinen grössten Erfolg feierte der Gelsenkirchner als Co-Trainer (2000 bis 2004) an der Seite von Bundestrainer Rudi Völler mit der deutschen Nationalmannschaft an der WM 2002. Die Deutschen verloren erst im Final gegen Brasilien (0:2). In der Saison 2004/05 betreute er die U18-Auswahl der Deutschen.

Das Aus bei Hertha nach nur sechs Wochen

Nach Leverkusen (2005 bis 2008) und Galatasaray (2008/09) heuerte er 2009 bei Eintracht Frankfurt an. Nach einer tollen Hinrunde 2010/11 endete die Rückrunde in einem Chaos und gipfelte in der Entlassung Skibbes im Sommer 2011. Der Deutsche übernahm beim türkischen Eskisehirspor (2011). Ende Dezember war Skibbe nach der Entlassung von Markus Babbel bei den Hauptstädtern Wunschkandidat Nummer 1 und kaufte sich – angeblich für 250'000 Euro – selbst aus seinem Vertrag bis 2014 beim türkischen Erstligisten raus, um wieder in die Bundesliga zurückkehren zu können.

Seine Schonfrist bei den Berlinern dauerte aber lediglich sechs Wochen, genauer gesagt, fünf Spiele: vier Liga-Spiele und den Viertelfinal des DFB-Pokals (gegen Gladbach). Skibbe hatte allesamt verloren und somit auch den Job. Zuletzt war er beim türkischen Klub Kardemir Karabükspor tätig, wo er kurz nach dem Saisonbeginn 2012/13 nach wenigen Spieltagen schon wieder entlassen worden war.

Skibbe hat lukrativere Angebote ausgeschlagen

Auf der Habenseite hat Skibbe ausser dem zweiten WM-Platz mit der Nationalmannschaft in Japan und dem Gewinn des türkischen Supercups mit Galatasaray 2008 wenig vorzuweisen. Wo Skibbe auch immer arbeitete, lief es anfangs meist gut bis sehr gut. Nach einer Weile folgte aber die Ernüchterung. «Oft war auch die Situation – wie bei Hertha und auch bei Karabükspor - von Anfang an problematisch», verteidigt Reschke den Fussballfachmann. «Wenn man aber weiss, dass Eskisehirspor, wo er sich rausgekauft hat, Michael unbedingt zurückhaben wollte, zeigt das das richtige Bild.»

Reschke, der sich mit Skibbe vor dessen Unterschrift bei GC noch am Telefon ausgetauscht hat, freut sich sehr über die Chance für seinen ehemaligen Trainer. «Er hatte wirtschaftlich lukrativere Angebote ausgeschlagen, weil er bei GC eine Philosophie und Ideen dahinter sieht. Er hat riesig Lust auf die GC-Nummer», so Reschke. «Es wäre unsinnig zu behaupten, dass er die Liga in- und auswendig kennt, aber Michael hat sich immer für den internationalen Fussball interessiert. Er hat mit Pirmin Schwegler und Tranquillo Barnetta Schweizer Spieler trainiert und sich bestimmt erkundig. Zudem hat er, meines Wissens, auch immer ein gutes Verhältnis zu Ottmar Hitzfeld gepflegt. Die Aufgabe reizt ihn total und ich glaube, das kann eine gute Geschichte werden».

Bei GC erhält Skibbe einen leistungsbezogenen Einjahresvertrag und wird am Sonntagnachmittag den Schweizer Medien vorgestellt. Am Montag um 10 Uhr nimmt er mit der Mannschaft im GC/Campus die Vorbereitung auf die Saison 2013/14 auf.

Deine Meinung zählt