Hitzfeld zur Bayern-Krise«Mit ihm fehlt das Gehirn der Mannschaft»
Die «Übermannschaft» des FC Bayern München ist auf dem Boden der Realität gelandet. Für Ottmar Hitzfeld hängt die Bayern-Krise eng mit dem Ausfall von Bastian Schweinsteiger zusammen.

Seit dem Schlüsselbeinbruch bei Bastian Schweinsteiger fehlt dem Spiel der Bayern der antreibende Motor. (Bild: Keystone)
Wenn die Bayern in eine Krise geraten, wirken die Vorgänge um den schwächelnden deutschen Rekordmeister beinahe wie reglementiert. Bayern-Präsident Uli Hoeness poltert mit hochrotem Kopf, «Kaiser» Franz Beckenbauer analysiert mit viel Zynismus, Schweizer Nati-Coach Ottmar Hitzfeld eher sachlich und ehemalige Bayern-Grössen wie Stefan Effenberg und Oliver Kahn geben ebenfalls ihren Senf dazu ab.
Nach zwei Bundesliga-Pleiten in Serie (0:1 gegen Dortmund und 2:3 bei Mainz) und dem «Absturz» auf Tabellenrang 3 ist es wieder mal so weit. Hoeness wütete in Mainz in der Halbzeitpause nicht wie zunächst berichtet in der Kabine, sondern nur in deren Vorraum. «Das ist Altherren-Fussball. So kann es nicht weitergehen. Hoffentlich gibt es da Feuer», schimpfte der Bayern-Präsident gemäss der «Bild»-Zeitung in Richtung Co-Trainer Peter Hermann.
Der Zauberer vom Circus Krone
Franz Beckenbauer kritisierte, dass die Bayern in Mainz gegen einen frechen Gegner ohne den üblichen Respekt kämpferisch zu wenig dagegengehalten hätten. Auf Einzelkritik wollte sich der «Kaiser» aber nicht einlassen. «In dieses Wirrwarr eine spielerische Linie reinzubringen, das schafft kein Spieler», sagte der 56-Jährige zu den Absenzen von Schweinsteiger und Robben. «Da hättest du wahrscheinlich einen Zauberer vom Circus Krone gebraucht.»
Vor allem der Ausfall von Schweinsteiger, der sich bei einem Zusammenprall mit Napoli-Legionär Gökhan Inler in der Champions League das Schlüsselbein gebrochen hat, wiegt schwer. David Alaba und Toni Kroos harmonierten als «Doppel-Sechs» überhaupt nicht. Vor allem der junge Österreicher machte viele Fehler und war immer wieder überfordert. «Man hat deutlich gemerkt, dass Schweinsteiger fehlt», sagt Beckenbauer dann doch noch.
«Schweinsteiger ist das Gehirn der Mannschaft»
Auch Sky-Experte Ottmar Hitzfeld glaubt, dass die Krise der Bayern eng mit dem Ausfall von Schweinsteiger zusammenhängt. «Ich finde, das ist ein gravierender Ausfall», so der ehemalige Bayern-Trainer. «Bastian hat sich unheimlich gut entwickelt – auf und neben dem Platz. Er ist das Gehirn, die Schaltzentrale der Mannschaft. Das ist das Gleiche, wie wenn Xavi bei Barcelona ausfallen würde.»
Wenn Schweinsteiger nicht dabei ist, fehle den Bayern zwar nicht unbedingt die Führung, es gehe vielmehr um seine Präsenz auf dem Platz. «Die spielerische Qualität eines Schweinsteiger fehlt. Ein Lahm kann nicht den Schweinsteiger auf dem Platz spielen.» Und ein Alaba wohl erst recht nicht.
Wutanfälle und ihre positive Wirkung
Bis zur Winterpause müssen die Bayern sicher noch ohne ihren Regisseur auskommen. In der Champions League haben sich die Bayern auch ohne ihn bereits für die Achtelfinals qualifiziert. In der Liga muss der Rekordmeister aber aufpassen, dass Dortmund, das einen Punkt vor den Münchnern liegt, nicht plötzlich entwischt. Am Samstag gastiert mit Werder Bremen der nächste unangenehme Gegner in der Allianz-Arena und eine weitere Niederlage würde Uli Hoeness wohl vollends zur Weissglut treiben.
Immerhin: Wutanfälle in der Bayern-Chefetage haben meist auch etwas Gutes. Als vor einem Jahr Präsident Hoeness das Spiel der Bayern zuletzt mit Seniorenfussball verglich, stand am Ende der totale Triumph mit dem Double und dem Champions-League-Final 2010. Neun Jahre zuvor sprach der damalige Präsident Franz Beckenbauer nach einer Niederlage in der Königsklasse bei Olympique Lyon von einer «Uwe-Seeler-Traditionsmannschaft». Am Saisonende gewannen die Bayern zum vierten und letzten Mal die Champions League.