Gefährliche SchwingungenSpringen, bis das Stadion wackelt
Wochenende für Wochenende hüpfen in ganz Europa Fans im Fussballstadion auf und ab und feuern ihre Mannschaft an. Das ist nicht ungefährlich: Ein deutscher Ingenieur warnt vor möglichen Katastrophen.
Hüpfende Dortmunder Fans bringen das Stadion in Nürnberg zum Schwingen. (Video: YouTube)
Man kennt es vor allem von Fussballspielen: «Wär nid gumpet isch kein ..., hey, hey.» Während die Fans dieses Lied singen, hüpfen sie auf den Tribünen auf und ab. Tun sie das in den unteren Sektoren, ist dies nicht problematisch. Wenn sich der springende Menschenknäuel aber in den oberen Rängen in Bewegung setzt, kann es ganz gefährlich werden.
Michael Kasperski - Bau-Ingenieur an der Uni Bochum - wollte genau wissen, welche Effekte hüpfende Fans in der Statik eines Stadions auslösen. In einem Labor liess er auf einer Kraftmessplatte Testpersonen auf- und abspringen. 2400 Mal pro Sekunde wurde gemessen, wie stark sie sich abdrücken oder welche Last sie beim Landen entwickeln. Kasperski war ob der Resultate besorgt. «Was ich da sehe, lässt mich nicht unbedingt ruhig schlafen, sagt er im «Spiegel».
Zwei Dutzend Fans wirken wie 400 Tonnen
Springt ein 80-kg-Mann auf der Tribüne herum, belastet er diese mit dem drei- bis fünffachen Körpergewicht, fand Kasperski heraus. Also mit 240 bis 400 Kilogramm. Wenn dies nur zehn Fans miteinander und synchron machen, werden aus ihren 800 Kilogramm schnell einmal zweieinhalb Tonnen oder mehr. «Rechnen Sie das einmal auf eine ganze Fankurve hoch. Dann können Sie sich vorstellen, dass so ein Bauwerk ganz schön ins Schwingen kommen kann», warnt Kasperski.
Das Phänomem in Europa ist jedoch nicht überall das gleiche. «Englische Fans sitzen und geniessen ein Spiel», sagt Kasperski zu 20 Minuten Online. «Deutsche Fans nehmen da schon aktiver am Geschehen teil.» Meist sind sich die springenden Anhänger in einem oberen Rang der Gefahr nicht einmal bewusst. Anhänger die jedoch darunter stehen, können schnell in Panik geraten, wenn sich der Bau über ihnen gefährlich bewegt. Dies blieb 2010 zum Glück aus, als Dortmund in Nürnberg spielte. Die Tribüne schwankte jedoch bedrohlich. Schon im Jahr 2005 liessen die Nürnberger Fans ihr Stadion erzittern, als sie auf dem Oberrang umher sprangen.
Nürnberger Fans lassen die Tribüne erzittern. (Video: YouTube)
Kein «Spring-Problem» in der Schweiz
Auch in unseren Breitengraden hüpfen die Fans im Stadion. In den neueren Arenen von Basel (St. Jakob-Park) und Bern (Stade de Suisse) geschieht dies durch die hartgesottenen Anhänger jedoch auf den unteren Rängen. Daher werden die Schwingungen vom Erdboden geschluckt und stellen keine Gefahr dar. Bei der Basler Stadionbetreiberin «Basel United» konnte man auf Anfrage von 20 Minuten Online nicht genau sagen, ob betreffend Schwingungen schon einmal geforscht wurde. «Uns ist nicht bekannt, dass schon solche Messungen gemacht wurden.»
Die Katastrophe von Salvador
Was hüpfende Fans in den oberen Reihen eines Stadions auslösen können, zeigen Bilder aus dem Jahr 2007 aus Brasilien. Bahia spielt im Fonte-Nova-Stadion gegen Vila Nova um den Aufstieg in die höchste Liga. Jubelnde Anhänger bringen einen Teil des baufälligen Stadions zum Einsturz. Beim Unglück sterben sieben Menschen, mehrere werden verletzt. Nach der Katastrophe wurde das Stadion abgerissen. Bahia musste für seine Heimspiele in ein anderes Stadion ausweichen. Für die Fussball-WM 2014 wird in Salvador eine neue Arena gebaut.
(Stadioneinsturz in Salvador 2007, Video: YouTube)
Feedback
Haben Sie eigene Erfahrungen mit einem Wackel-Stadion gemacht? Senden Sie ein Mail an: feedback@20minuten.ch