Dimitri OberlinDer Bro von Breel Embolo startet durch
Dimitri Oberlin ist in Österreich der Mann der Stunde. Obwohl ihm sein Freund Breel Embolo vom Wechsel ins Nachbarland abgeraten hatte.
Dimitri Oberlin rockt die österreichische Bundesliga. Der ehemalige FCZ-Junior ist in Altach der Mann der Stunde. (Video: 20 Minuten)
Das Talent hat man ihm früh bescheinigt. Wie er es zurzeit mit dem Sportclub Rheindorf Altach beweist, ist dennoch eindrücklich. Dimitri Oberlin hat in 5 Ligaspielen 6 Tore geschossen und war an 7 von 8 Saisontreffern der Vorarlberger beteiligt. «Ich freue mich, dass es so gut klappt», sagt der 18-jährige Schweizer, «aber ich denke nicht viel über die Gründe nach.»
Wie sein sieben Monate älterer Freund Breel Embolo kam Oberlin 1997 in Kamerun zu Welt. Als seine Mutter Georgette einen Schweizer heiratete, zog er 2007 in die Westschweiz. Mit Fussball begann er bei Etoile-Broye im Kanton Waadt und spielte später bei Lausanne. Im Alter von 14 Jahren kam er zum FC Zürich, wo er zwei Jahre später den ersten Profivertrag unterschrieb. Zu Einsätzen im Fanionteam kam er nur einmal: eine Minute im Mai 2014 gegen Aarau. Trainer Urs Meier hatte mit Chermiti, Etoundi, Gavranovic und Sadiku Stürmer im (quantitativen) Überfluss im Kader. Im Sommer 2015 hatte Oberlin genug von den leeren Versprechungen und wechselte zu RB Salzburg. Viel zu früh, wie viele sagten.
«Nicht zu Salzburg!», hat ihm auch Embolo geraten. Doch in Oberlins Umfeld war man überzeugt, dass der junge Stürmer mindestens so gut sei wie sein langjähriger Teamkollege in den U-Auswahlen des SFV. Der rasante Aufstieg Embolos zum FCB-Stammspieler und in die A-Nati war für ihn nur motivierend.
Dimitri Oberlin, Sie scheinen nicht gerade viel Geduld zu haben, wenn Sie ohne zumindest einen Versuch, in der Super League gestartet zu haben, ins Ausland wechseln.
Dimitri Oberlin: Das höre ich immer wieder. Aber ich wollte ja den Weg über die Super League machen. Die erste Gelegenheit, ins Ausland zu gehen, bekam ich schon mit 16 Jahren, habe aber den FCZ vorgezogen. Ich wollte es in die erste Mannschaft schaffen. Man hat mir immer wieder versprochen, dass ich spielen werde. Ich habe ein Jahr lang gewartet und keine Chance bekommen. Dann ist Salzburg gekommen. Ich war von meiner Entscheidung überzeugt. Zudem denke ich, dass der Unterschied zwischen der österreichischen und der Super League nicht sehr gross ist.
Breel Embolo hat Ihnen geraten, sich durchzubeissen.
Er ist mein bester Freund und auch Vorbild. Wir haben fast täglich Kontakt. Aber es war nicht immer einfach, zu sehen, wie dein fast gleichaltriger Freund in Basel spielt und du keine Chance bekommst. Ich habe mir oft Gedanken darüber gemacht, was ich falsch mache.
Haben Sie etwas falsch gemacht?
Vielleicht. Vielleicht war ich damals nicht so fokussiert, wie ich es hätte sein müssen. Heute bin ich auch disziplinierter in der täglichen Arbeit.
Breel hat Ihnen damals gesagt: «Nicht Salzburg!» Was waren die Einwände?
Er war der Meinung, dass die Gefahr, wieder nicht zu spielen, in Salzburg gross sei. Er hat mir geraten, innerhalb der Schweiz den Club zu wechseln.
Er hatte nicht ganz unrecht. Sie hatten 12 Einsätze mit den Bullen ...
Ja, aber Sie vergessen Liefering (Farmclub von Red Bull, Anm. d. Red.). Dort konnte ich spielen und hatte immer die Perspektive, zu RB zurückzukehren.
Was war bei Salzburg gegenüber dem FCZ anders, dass Sie dieses Risiko eingingen?
Die Akademie. Ich war gut aufgehoben, man hat sich um alles gekümmert. Vom Wohnen bis zur Unterstützung, den Fahrausweis machen zu können. Ich konnte den ganzen Tag nur an Fussball denken und mich nur darauf fokussieren. Das hat vieles einfacher gemacht. Es ist unglaublich professionell und toll – angefangen bei der Club-Struktur über die Trainings bis zur individuellen Betreuung auf und neben dem Platz. Für die jungen Spieler in der Akademie wird einfach super gesorgt.
Und trotzdem sind Sie nach nur einem Jahr weitergezogen.
Im Moment ist es nicht wichtig, wo ich spiele. Wichtig ist, dass ich spiele. Ich will lernen, mich weiterzuentwickeln.
Mit sechs Toren in fünf Spielen führen Sie die Torschützenliste in Österreich an. RB-Sportdirektor Ralf Rangnick sagt: «Seit vier Wochen nenne ich den Club nur mehr FC Oberlin Altach», und nach Ihrem zweiten Doppelpack in Serie vor einer Woche hat Ihnen ein Sponsor im VIP-Zelt ein Jahr lang Gratis-Autowäsche geschenkt. Sind Sie jetzt beim richtigen Club?
(lacht) Ich beschäftige mich nicht mit dem Rummel, und ich lese auch kaum Zeitungen. Ich fühle mich wohl in Altach. Die Mannschaft hat mich gut und schnell aufgenommen. Ich spüre das Vertrauen des Trainers, und er hat mich sofort überzeugt. Wir arbeiten sehr hart und gut unter ihm. Aber ich denke auch nicht viel über die Gründe nach, warum es mir derzeit so gut läuft. Ich freue mich, dass ich helfen kann, und hoffe, dass wir noch möglichst lange so weiterspielen können.
Wie sind Sie allein im Ausland zurechtgekommen?
Recht gut. Ich habe bis zu meinem neunten Lebensjahr bei einem Onkel in Kamerun gewohnt, ehe ich meinem Bruder Michel und meiner Mutter in die Schweiz gefolgt bin. Dieser Umzug war wohl der einschneidendste in meinem Leben. In Afrika kennen die Leute nur ein Ziel: Das ist Europa. Für uns war das wie ein Wechsel in ein Paradies, und vieles im Leben wurde einfacher. Der Wechsel nach Zürich war auch schwierig, weil ich da noch kein Deutsch gesprochen habe.
Wie leben Sie jetzt in Altach?
Ich habe mich gut zurechtgefunden. Ich gehe nicht gross aus, bin meistens zu Hause, telefoniere und schreibe mit Kollegen oder schaue mir Filme an. Ich mag Dokumentationen und Filme von Anwälten und so, die einen speziellen Weg gehen und sich durchboxen. Diese Stärke gefällt mir – vielleicht auch, weil ich diese nicht in dem Mass habe. (Lacht herzlich) Ich bin ein komischer Typ, einer, der keinen Plan hat und spontan entscheidet. Ich bin nicht gern allein, aber es ist nicht meine Stärke, auf andere Menschen zuzugehen. Breel ist da ganz anders. Auch da kann ich von ihm lernen.
Was genau meinen Sie?
Er ist immer gut drauf und lacht immer. Er tut sich nicht schwer, auf andere zuzugehen, ist offen, positiv und bei Interviews spontan und macht öfter mal einen Witz. Ich frage ihn immer wieder: «Wie kannst du im Fernsehen oder Interview so coole Sachen sagen?» Seine Antwort ist immer: «Ich bin, wie ich jeden Tag bin.» Wenn ich im Interview so wäre wie jeden Tag, hätten Sie kein Interview (lacht). Auch da kann ich noch dazulernen.
Kameruns Fussballverband macht Druck Dimitri Oberlin liefert derzeit viele Argumente, die den Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic überzeugen könnten. Vor einem Jahr sagte der heute 18-Jährige: «Falls ich mich entscheiden müsste, ist der Fall klar: Ich würde für die Nati auflaufen.» Ein Jahr später tönt es so: «Es ist zu früh darüber zu sprechen. Wenn die Zeit kommt, werde ich mich entscheiden.»
Kameruns Fussballverband macht Druck Dimitri Oberlin liefert derzeit viele Argumente, die den Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic überzeugen könnten. Vor einem Jahr sagte der heute 18-Jährige: «Falls ich mich entscheiden müsste, ist der Fall klar: Ich würde für die Nati auflaufen.» Ein Jahr später tönt es so: «Es ist zu früh darüber zu sprechen. Wenn die Zeit kommt, werde ich mich entscheiden.»
Warum der Sinneswandel? Geduld ist nicht Oberlins grösste Stärke und 20 Minuten weiss, dass sich Kamerun sehr um den Stürmer bemüht. Aber auch der Schweizerische Fussballverband SFV schaut nicht tatenlos zu. Oberlin ist auf der rund 40 Spieler umfassenden Liste jener Profis, die für die A-Nati in Frage kommen und vom SFV beobachtet und besucht werden. U21-Trainer Heinz Moser ist im Austausch mit dem Stürmer. Zudem steht er im U21-Aufgebot für die EM-Qualifikationsspiele gegen Kasachstan (2. 9. in Biel) und Bosnien (6. 9. in Sarajevo). (ete)