Der Aufsteiger beim Aufsteiger

Aktualisiert

Alessandro CiarrocchiDer Aufsteiger beim Aufsteiger

In den letzten Wochen war der Stürmer Alessandro Ciarrocchi ein wichtiger Bestandteil im Spiel der AC Bellinzona. Doch der Schweizer Nachwuchsinternationale ist in seinem Heimatland nahezu unbekannt. 20 Minuten Online versucht dies zu ändern.

von
Herbie Egli

Die AC Bellinzona ist unter Marco Schällibaum auf dem besten Weg, sich in der Super League zu halten. Dabei ist beim Tessiner Hauptstadtclub so manches anders, als bei anderen Proficlubs der Schweiz. Die Strukturen im Verein sind überschaubar, die Arbeitsbedingungen durchaus gut und die Vereinsführung besitzt gute Kontakte zum italienischen Profifussball. So konnten auch immer wieder Spieler aus dem südlichen Nachbarland ins Stadio Cummunale gelockt werden. Grosse Namen, aber auch Talente. Eines dieser Talente ist Alessandro Ciarrocchi.

Das Glück im Ausland nicht gefunden

Als junger Spieler suchte Ciarrocchi sein Glück im Ausland und wechselte jung nach Italien. Beim Serie B-Club Piacenza Calcio hoffte der 18-jährige auf einen Durchbruch, doch in den ersten 18 Monaten reichte es lediglich zu vier Teileinsätzen für das Fanionteam. Ciarrocchi erhoffte sich mehr und wurde dann in die Serie C zur AC Pistoiese ausgeliehen. Dort spielte der grossgewachsene, bullige Stürmer zwar häufiger, doch glücklich wurde er auch dort nicht. Als im Sommer, relativ kurz vor dem Ende der Transferperiode, die AC Bellinzona anfragte, packte Ciarrocchi diese Chance beim Schopf und kehrte in sein Heimatland zurück.

«Ciarrocchi ist wichtig für unser Spiel»

Auch in der Stadt der Burgen und Schlösser musste Ciarrocchi zunächst hartes Brot essen, doch Marco Schällibaum baute ihn auf, gab ihm Selbstvertrauen und Ciarrocchi hat sich einem Platz im Team erkämpft. Er bestritt die letzten neun Spiele der Vorrunde ohne Ausnahme. Doch Bellinzona rüstete sein Kader auf, holte auch im Sturm weitere Verstärkungen - und der Nachwuchs-Angreifer sass wieder auf der Bank oder gar auf der Tribüne. Doch Ciarrocchi kämpfte sich zurück ins Team. Vor allem Mauro Lustrinelli hat in diesem Direktduell momentan die schlechteren Karten. ACB-Trainer Marco Schällibaum erklärt: «Alessandro arbeitet gut, bewegt sich viel und kann im Sturmzentrum die Bälle gut halten. Er ist mit seiner Grösse und seinem Körperbau für unser Spiel sehr wichtig.»

Ein Mann mit Perspektiven

Und sicher ist auch: Ciarrocchi ist in seiner Entwicklung noch längst nicht am Ende seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Der bullige Stürmer selbst setzt sich zwar noch keine langfristigen Ziele, denn er ist «froh, sich erst einmal in der Super League zurechtzufinden und regelmässig zu spielen», doch seine Fortschritte blieben nicht unerkannt. Sein langjähriger Nationaltrainer Pierre-André Schürmann beispielsweise hatte Ciarrocchi nie aus den Augen verloren. Die U19 EM-Quali bestritt der Angreifer mit Schürmanns Junioren-Nati und auch jetzt steht er wieder im Aufgebot, diesmal für die U21. «Alessandro ist ein wichtiger Spieler für mich, wenn er in Form ist und regelmässig im Verein spielt. Er bringt etwas für unsere Mannschaft und gibt mir Optionen», hält Schürmann fest und ergänzt: «Ich habe einige seiner letzten Spiele live im Stadion verfolgt und war in Basel erstaunt, wie gut sich Alessandro entwickelt hat. Er hat der erfahrenen Basler Hintermannschaft sehr grosse Probleme bereitet. Das hat mich gefreut für ihn.»

«Im Moment läuft es mir wirklich gut»

Ciarrocchi wird mit seinem Lauf auch in der U21-Nationalmannschaft für Konkurrenz sorgen. Denn der Jahrgang 1988, zu dem Ciarrocchi gehört, kann sich durchaus sehen lassen: Fabian Lustenberger (Hertha BSC Berlin), Cabral (Sevilla), Michel Morganella (Palermo), Igor Djuric (Arrezo) und Michael Kovacevic (Dundee United) sind allesamt bereits im Ausland und sammeln dort Spielminuten. Hinzu kommen die Super League-Stammspieler Yann Sommer und Eren Derdiyok (Basel), Jonas Elmer (Aarau), Xavier Hochstrasser (YB) und eben die Bellinzona-Connection mit Shkelzen Gashi, Frank Feltscher und Alessandro Ciarrocchi. «Ich muss weiterhin hart arbeiten und Gas geben, um in Bellinzona weiterhin zum Einsatz zu kommen und auch in der Nationalmannschaft wieder aufgeboten zu werden», betont Ciarrocchi und bringt gleichzeitig sein wiedergewonnenes Selbstvertrauen zum Ausdruck: «Im Moment läuft es wirklich gut bei uns - und auch bei mir persönlich. Erstmals seit einigen Jahren fühle ich mich wieder richtig gut und wirklich voll in Form.»

Wurzeln in Winterthur

Der Bellinzona-Stürmer hat zwar italienische Wurzeln und einen italienischen Namen, doch seine Heimat ist nicht das Tessin, wie man vermuten könnte. Ciarrocchi stammt aus Winterthur und durchlief dort die gesamte Juniorenzeit, eher er nach Italien auswanderte. Nach seiner Rückkehr gab es dennoch bereits eine Weichenstellung für die Zukunft: Die AC Bellinzona hat die Kaufoption für Ciarrocchi eingelöst und den Angreifer definitiv übernommen. Die Zukunft des kopfballstarken Mittelstürmers liegt nun also mindestens bis 2010 im Tessin.

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