Zauber-BindungPackt Ammann wieder den Zauberstab aus?
Trotz starker Konkurrenz und Formkrise ist Simon Ammann für die Vierschanzentournee bereit. Ein Griff in die Trickkiste soll den Erfolg bringen.

In Engelberg setzte Ammann wieder auf die Zauberstab-Bindung. Für die Tournee soll sie noch modifiziert werden. (Bild: Reuters)
Simon Ammanns erklärtes Saisonziel ist der Sieg bei der Vierschanzentournee. Neben dem Olympiasieg, dem WM-Titel und dem Sieg im Gesamtweltcup ist es der letzte Eckpunkt, der im beeindruckenden Palmarès des Toggenburgers noch fehlt. Bislang schafften nur drei Springer den «Grand Slam»: Natti Nykänen, Jens Weissflog und Espen Bredesen.
Nun will Ammann dieses Trio zu einem Quartett erweitern. Doch die Formkurve zeigte beim Schweizer zuletzt nach unten. Nach den überstandenen Rückenproblemen sprang der zweifache Doppelolympiasieger zu Saisonbeginn zwar dreimal aufs Podest, doch ausgerechnet bei den Heimspringen in Engelberg liess der erhoffte Leistungssprung auf sich warten. Ammann konnte «seine Energie am Schanzentisch nicht richtig umsetzen» und verpasste erstmals seit über einem Jahr die Top 10.
Weiterentwickelte «Olympia-Bindung»
Vor allem das neue Material bereitete Ammann noch Sorgen. Seine Ski sind einen Zentimeter länger und «extrem aggressiv». Der Toggenburger muss den Absprung sehr genau treffen, um ideal in die Flugphase zu kommen. Beim dritten Springen von Engelberg hat Ammann erstmals in dieser Saison auch seine «Wunderbindung» eingesetzt. Mit den geraden «Zauberstäben» flog er allerdings nur auf Rang 12, doch für die Tournee setzt er auf eine modifizierte Weiterentwicklung. (Die Stäbe werden wohl wieder etwas gebogen.) «Diese Bindung hat noch kein Gegner gesehen. Im Materialbereich habe ich in Engelberg sicher die erhofften Antworten bekommen. Ich spüre, dass viel Potenzial da ist», gibt sich der 29-Jährige selbstbewusst.
Schon bei Olympia hatte Ammann die Konkurrenz mit einer neuentwickelten Bindung geschockt. Der Schweizer setzte bei der Verbindung zwischen Ski und Schuh auf eine Bindung mit gebogenen Metallstäben statt der üblichen Schnurverbindung und deklassierte so sämtliche Gegner. Die Österreicher protestierten vergeblich und auch ein Nachbau brachte nicht den erhofften Nutzen.
Service-Mann Hofer nach Finnland
Ammann, der bereits zum 13. Mal an der Tournee dabei sein wird, hat zu Saisonbeginn im Vergleich zu Olympia allerdings einen wichtigen Puzzle-Stein verloren: Der Österreicher Gerhard Hofer, der drei Saisons lang für Ammanns Material und damit auch für dessen Olympia-Bindung zuständig war, wechselte ins finnische Lager und kümmert sich dort nun um Janne Ahonen.
Hofers Abgang hin oder her: Viel wird bei Ammann davon abhängen, wie er mit der neuen Bindung zurechtkommt. Die Weiterentwicklung der «Olympia-Bindung» könnte der Schlüssel zum Tournee-Erfolg werden. Werner Schuster, Trainer der deutschen Skisprung-Adler, zählt Ammann auch wegen dem möglichen Griff in die Material-Trickkiste zu den absoluten Topfavoriten: «Wenn der wieder seinen gebogenen Stab nimmt, dann kann er fünf bis acht Meter weiter springen und das Ding gewinnen. Das traue ich ihm absolut zu», sagte Schuster vor der Tournee gemäss «n-tv».
Geliebte Aussenseiter-Position
Doch die Bindung allein kann es nicht richten, es muss alles zusammenpassen. Dass Ammann in den entscheidenden Momenten mit dem Druck umgehen kann, hat er mehrfach bewiesen. Mental gehört der Toggenburger zu den stärkten Springern überhaupt. Entscheidend wird wohl die Tagesform an den einzelnen Wettkampftagen sein.
Die Konkurrenz hat seit Olympia nicht geschlafen – vor allem diejenige aus Österreich. Trotz der Abwesenheit von Gregor Schlierenzauer, der wegen einer Knieverletzung auf die Tournee verzichten muss, haben die ÖSV-Adler sechs der bisherigen sieben Saisonspringen gewonnen. Allen voran Thomas Morgenstern hat seine Ambitionen auf den ersten Tournee-Sieg deutlich unterstrichen. Er geht als absoluter Topfavorit an den Start und so kann Ammann wie schon bei Olympia als ambitionierter Aussenseiter auftreten. Eine Ausgangslage, die dem Toggenburger sehr zugute kommt.
59. Vierschanzentournee:
Oberstdorf (De): Mittwoch, 29. Dezember.
Garmisch-Partenkirchen (De): Samstag, 1. Januar.
Innsbruck (Ö): Montag, 3. Januar.
Bischofshofen (Ö): Donnerstag, 6. Januar.