DilemmaKopftuch oder Basketball?
Die 19-jährige Irakerin Sura Al-Shawks aus dem luzernischen Ebikon befindet sich in der Zwickmühle: Ihre grosse Leidenschaft ist Basketball - doch der Verband verbietet der gläubigen Muslimin das Kopftuch-Tragen beim Ausüben ihres Sports.
Vor neun Jahren flüchtete Sura mit ihrer Familie aus dem Irak in die Schweiz. Seither hat sich die 19-jährige gut integriert, sie spricht fliessend Schweizerdeutsch, besucht das Gymnasium und spielt in ihrer Freizeit Basketball bei den U20-Juniorinnen des STV Luzern. Ein ganz normales Teenagerleben - könnte man meinen.
Doch über Suras Himmel sind dunkle Wolken aufgezogen: Seit sie mit ihrem Team von der regionalen in die interregionale Liga aufgestiegen ist, darf die gläubige Muslimin nicht mehr mit Kopftuch Basketball spielen. Das hat der Nord-Ostschweizer Basketballverband «ProBasket» entschieden. «Als ich das erfahren habe, musste ich weinen», sagt Sura gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung».
Kein Kopftuch «aus Einheitsgründen»
Die Begründung: Gemäss internationalem Reglement hätten religiöse und politische Überzeugungen auf dem Spielfeld nichts verloren. «Aus Einheitsgründen halten wir uns strikte an dieses Reglement», sagt ProBasket-Geschäftsführer Heinz Schlüssel gegenüber Radio «DRS». So fühle sich keiner der 67 ProBasket-Vereine ungerecht behandelt.
Trotzdem - oder besser gesagt genau deswegen - fühlt sich jemand ungerecht behandelt: Sura Al-Shawks. Sie kann den Entscheid des Verbands nicht verstehen. «Sie haben gesagt - ich zitiere - wenn wir dich jetzt mit Kopftuch spielen lassen, dann kommt das nächste Mal jemand, der mit Stiefeln spielen will oder jemand, der im Mini-Rock spielen will», sagt sie zu Radio «DRS». Das sei eine Begründung, die sie nicht nachvollziehen könne. Sura: «Ich ziehe das Kopftuch ja nicht an, weil es zu meinem Look passt. Es ist eine Religion, eine Überzeugungssache.»
Bevor das Team der 19-Jährigen, die übrigens das Captain-Amt innehat, in die interregionale Liga aufgestiegen ist, hat sich niemand an ihrem Kopftuch gestört. Die Schiedsrichter und die Gegnerinnen hätten jeweils ein Auge zugedrückt. Doch damit ist jetzt Schluss. «Mir wurde vorgeschlagen, dass ich das Kopftuch nur während den Spielen ausziehen soll», sagt die Gymnasiastin, «aber das ist für mich unmöglich.» Wenn sie es für zwei Stunden ausziehen würde, könnte sie es auch gleich ganz weglassen.
«Es gehört zu mir»
Sura trägt das Kopftuch erst seit anderthalb Jahren. Nicht weil sie muss, sondern weil sie will. «Ich bin selber davon überzeugt und es gehört einfach zu mir», sagt sie. Ihre Eltern hätten ihr gar davon abgeraten, das Tuch zu tragen. Sie habe aber bisher noch keine negativen Reaktionen erlebt - bis auf diejenige des Basketballverbands.
Wie die Spielerin schüttelt auch ihr Trainer Danijel Brankovic wegen dem Verbandsentscheid den Kopf. «Das Kopftuch birgt weder eine Verletzungsgefahr noch beeinträchtigt es das Spiel in irgendeiner Form», zitiert ihn die «Neue Luzerner Zeitung». Er hofft, dass der Verband seinen Entscheid noch einmal überdenkt. Und wenn nicht? «Wir werden Sura trotzdem mit an die Spiele nehmen.»
Schwierige Entscheidung
Auch Sura hofft, dass ProBasket noch einlenkt und sie sich nicht zwischen ihrem Lieblingssport und ihrer Religion entscheiden muss. «Ich glaube, ich kann diese Entscheidung gar nicht treffen», sagt sie gegenüber Radio «DRS» und fügt an: «Man kann sich nicht zwischen zwei Sachen entscheiden, die man beide im Leben braucht. Ich kann mir beide Varianten nicht vorstellen.»
Nicht alle Verbände stellen sich quer
Hätte sich Sura vor drei Jahren eine andere Sportart ausgesucht, würde sie sich heute möglicherweise nicht in einem Dilemma befinden. So gibt es beispielsweise in der Romandie ein Volleyball-Team, in dem ein Mädchen mit Kopftuch spielt - weil laut dem Volleyball-Reglement Ausnahmen aus kulturellen oder religiösen Gründen erlaubt sind. Nicht so im Basketball.