Usain Bolt«Eine Freundin zu finden, ist nicht einfach»
Usain Bolt (27) ist der Mega-Star der Leichtathletik. 20 Minuten traf den Goldhamster zu einem sehr persönlichen Exklusiv-Interview.
20 Minuten: Usain Bolt, schön, dass Sie da sind. Am Dienstagnachmittag war auf Facebook ein Foto von Ihnen auf dem Flughafen in London zu sehen. Man musste fürchten, Sie verpassen Ihren Flug nach Zürich.
Usain Bolt: Ja, ich wollte am Flughafen noch etwas shoppen, und plötzlich waren da ganz viele Leute, die Menge wurde immer grösser. Erst die Security half mir, da rauszukommen und den Flieger noch zu erwischen.
Ich nehme an, das passiert überall. Stört Sie das?
Nein, das ist einfach so. Ich versuche, mich zu fügen, freundlich zu den Leuten zu sein und ihre Wünsche nach Fotos und Autogrammen zu erfüllen. Das sind Fans und die schätzen das. Aber wenn die Menschenmenge so gross wird wie vor ein paar Stunden in London, geht das halt nicht mehr.
Sie starten am Donnerstag zum dritten Mal in Zürich über 100 Meter. Haben Sie ausser Flughafen, Hotel und Stadion schon etwas gesehen?
Nein, was Sie sagen, trifft es ziemlich genau. Ich versuche auch gar nicht, zu viel zu sehen.
Das müssen Sie erklären.
Wenn ich in Zukunft hoffentlich eine Freundin oder Frau habe, dann möchte ich mit ihr die Welt bereisen. Dann möchte ich nicht, dass sie sagt: «Lass uns nach Zürich gehen!», und ich antworte: «Nein, da habe ich schon alles gesehen.» Ich war schon oft in Paris und stand neben dem Eiffelturm. Aber ich war noch nie oben. Das möchte ich mir aufheben für später mit meiner Partnerin. Und falls das nicht klappt, kann ich es immer noch alleine tun (lacht).
Welche Träume hat ein Mega-Star wie Sie im Leben abseits der Bahn?
Ganz normale Träume wie jeder andere auch: eine Familie gründen, sesshaft werden, glücklich sein.
Sollte für Sie ja nicht so schwierig sein.
Es ist nicht so einfach, ein Mädchen zu finden, das passt. Es ist einfacher, wenn du weniger berühmt bist. Es braucht Zeit, eine zu finden, die in Usain Bolt den Menschen Usain Bolt sieht und nicht den Mega-Star.
Sie sind berühmt, erfolgreich, gut aussehend. Aber an der WM in Moskau gingen Bilder Ihrer Füsse und vor allem Zehen um die Welt, die nicht wirklich vorteilhaft waren...
Sie sollten die Zehen meines Vaters sehen, dann würden Sie verstehen. Er hat die genau gleichen Zehen wie ich. Das ist wohl genetisch. Dazu kommt, dass man als Kind einfach zu wenig achtgibt. Wir waren ständig barfuss, haben barfuss Fussball gespielt, gegen Steine getreten. Ich erinnere mich, dass ich als Kind einmal beide Nägel an den grossen Zehen ausgerissen hatte. Wenn man älter wird, denkt man sich: «Mist, du hättest mehr achtgeben sollen.» Aber dazu ist es jetzt wohl zu spät.
Immerhin sind Ihre Füsse ja das, was Sie schnell macht.
Das ist richtig, aber ich bin ja immer noch schnell, obwohl ich keine hübschen Füsse habe. (Lacht)
Achten Sie heute mehr auf Ihren Körper als vor, sagen wir, vier Jahren?
Oh ja, definitiv. Ich gönne mir mehr Ruhepausen. Ich bin fokussierter, esse beispielsweise weniger Fast Food als vorher. Solche Sachen halt.
Die nächsten Grossereignisse sind die WM in Peking 2015 und Olympia in Rio 2016. Sie können Ihre Weltmeistertitel Nr. 9 bis 11 sowie Ihre olympischen Goldmedaillen 7 bis 9 gewinnen. Nach Rio werden Sie 30. Gibt es schon Pläne danach?
Ich denke, mit 30 ist es genug mit Laufen. Ich habe mal Michael Johnson gefragt, wieso er zurückgetreten sei. Und er hat gesagt: «Ich habe alles geschafft, was ich wollte. Es ergibt keinen Sinn, jetzt noch weiterzumachen.» Und ich denke, das wird mir 2016 gleich gehen.
Ich nehme an, Sie kennen den Film «Cool Runnings» über ein jamaikanisches Bob-Team. Sie könnten ja nach 2016 Bobfahrer werden.
Auf gar keinen Fall. Ich mag kaltes Wetter gar nicht. Darum kann ich auch nirgendwo leben ausser in Jamaika. Ich liebe die Sonne, ich mag es warm. Und Bob ist im Winter! Da hat es Schnee! Und sie tragen Tights! Tights!! Das kann nicht cool sein. Ich meine, wenn es regnet, kann es in diesen Strumpfhosen ganz schön kalt werden. Aber die tragen sie im Winter. Ich spiele lieber Fussball. Ich möchte nach meiner Karriere vielleicht Fussball spielen.
Ich weiss zwar nicht, wie gut Sie sind, bin aber sicher, dass Sie Zuschauer hätten.
Ich kann kicken, aber ich bin nicht der Beste. (Schmunzelt) Die Leute kämen sicher nur, um zu schauen, ob ich etwas kann.
Lassen Sie uns zurück zur Leichtathletik gehen: 9,58 ist Ihre Weltrekordzeit aus dem Jahr 2009. Betrachten Sie dieses Rennen in Berlin als Ihr bestes oder gibt es andere Läufe, die Sie höher einschätzen?
Das müssen Sie meinen Coach fragen. Nach 90 Prozent meiner Rennen denke ich, es war perfekt. Bis zum Moment, wo ich mit meinem Coach spreche. Er entscheidet, was mein bestes Rennen ist, nicht ich.
Ihr Weltrekord ist jetzt vier Jahre alt. Haben Sie diese Zeit noch drauf?
Ich weiss es nicht. Diese Saison war gut. Sie war schwierig, weil ich nach einer Verletzung zurückkommen musste, aber ich habe viel gelernt. Nächste Saison will ich verletzungsfrei bleiben; dann werden wir sehen, ob ich den Weltrekord knacken kann. Es wird sicher schwierig, schliesslich bin ich nicht mehr 21 oder 22. Ich weiss, dass ich immer noch 9,60 laufen kann, und das ist ja nahe dran.
Die Erwartungen an Sie sind enorm. Manchmal hat man das Gefühl, die Leute seien enttäuscht, wenn Usain Bolt «nur» 9,70 läuft.
Das kümmert mich überhaupt nicht. Natürlich sind die Erwartungen riesig, aber ich kann doch nicht die Allgemeinheit bestimmen lassen, was ich tun und lassen soll. Ich weiss, was ich will. Wenn ich 9,70 laufen will und das schaffe, dann bin ich zufrieden. Wenn es die Leute nicht sind, dann darf mich das nicht kümmern. Ich lasse es nicht zu, dass mich die Öffentlichkeit unter Druck setzt. Mein Ziel ist immer, 100 Prozent zu geben. Wenn ich gewinne, ist das gut. Wenn ich verliere, ist es nicht, weil ich nicht alles gegeben habe, sondern weil ich nicht in Form war.
Was erwarten Sie von Zürich? Wie steht es um Ihre Form so kurz nach der WM?
Ich habe keine Ahnung. Wie immer nach einer Weltmeisterschaft fühle ich mich etwas müde. Aber irgendwie habe ich immer diese Extra-Energie gefunden. Ich trainiere, die Stimmung in den Stadien ist gut – ich mache mir für Donnerstag keine Sorgen.